Weniger als 0,1 Prozent des Ozeanbodens wird von Korallenriffen bedeckt. Ihre Bedeutung ist aber um ein Vielfaches größer. Ihr globaler wirtschaftlicher Wert wird auf rund zehn Billionen Dollar pro Jahr geschätzt, erklärt Sebastian Ferse vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung gegenüber science.ORF.at. Nicht nur beherbergen sie ein Drittel aller bekannten marinen Arten, sie sind auch zentral für die lokale Lebensmittelversorgung und schützen die Küsten.
Durch ihre dreidimensionale und raue Struktur brechen sie Wellen effizienter als jeder Wellenbrecher, berichtet der Korallenriffforscher. „Knapp 97 Prozent der auf Land treffenden Wellenenergie und auch der Wellenhöhe wird durch Korallenriffe reduziert.“ Ohne Riffe würden Überschwemmungen um rund 70 Prozent zunehmen und sich die jährlichen Überschwemmungsschäden mehr als verdoppeln.

Korallenriffe in verheerendem Zustand
Durch Überfischung, Schadstoff- und Nährstoffeintrag oder Küstenbebauungen wurde bereits rund ein Drittel aller Korallenriffe zerstört. Hinzukommt die Klimaerwärmung, die den Korallenriffen seit zwei Jahrzehnten zunehmend zu schaffen macht, berichtet Ferse. Durch die Ozean-Versauerung fällt es den Korallen schwerer, ihr Kalkskelett aufzubauen und zu wachsen. „Zum anderen führt eine höhere Wassertemperatur dazu, dass Korallen massiv gestresst werden, ausbleichen und, wenn das länger anhält, auch absterben.“
Will man einen Teil der Korallenriffe erhalten, müsse unverzüglich gehandelt werden, fordert eine internationale Gruppe von Forschenden in einem Positionspapier, das am Dienstag beim 14. Internationalen Korallenriff-Symposium der Universität Bremen präsentiert wurde. „Wir müssen jetzt wirklich das Ruder herumreißen“, sagt Sebastian Ferse, der am Papier mitgeschrieben hat. „Wir haben in den nächsten zehn Jahren noch die Möglichkeit durch wirkungsvolle und koordinierte Politik, international und auch auf lokaler Ebene, den Klimawandel anzugehen.“

Drei Forderungen an die Politik
Zentral sei, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius gegenüber vorindustriellem Niveau zu begrenzen, schreiben die Forscherinnen und Forscher. Dadurch könnten bis zu dreißig Prozent der Korallenriffe überleben, zeigen Modellprojektionen.
Korallen sind Regenerationskünstler. Sollten sich die klimatischen Bedingungen stabilisieren, könnten sich die verbleibenden Riffe wieder erholen. Ähnlich wie Bäume könne man auch Korallen vereinzeln und verpflanzen, berichtet Ferse. Doch es brauche weitere Investitionen in die Forschung, um herauszufinden, wie man Riffe im großen Stil restaurieren könnte.
Und nicht zuletzt müssten die Bedingungen vor Ort verbessert werden. „Es macht keinen Sinn in Restaurationen zu investieren, wenn gleichzeitig die Umweltbedingungen vor Ort nach wie vor negativ sind.“ Die lokale und häufig indigene Bevölkerung müsste eingebunden und nachhaltige Nutzungskonzepte erstellt werden. Derzeit würde nur ein geringer Anteil des durch Korallenriffe erwirtschafteten Geldes in die lokalen Communities fließen. Das müsse sich ändern, um vor Ort einen Anreiz für den Schutz von Riffen zu schaffen.