Methode

KI beschleunigt chemische 3-D-Strukturanalyse

Chemische Strukturen werden zwar oft als starre, zweidimensionale Graphen dargestellt. Die Darstellungen entsprechen jedoch nicht der tatsächlichen komplexen 3-D-Struktur von Molekülen. Diese können Wiener Computerchemiker nun mit einer neuen Methode auf Basis von Künstlicher Intelligenz (KI) relativ einfach, rasch und präzise bestimmen.

In der Forschung ist es von zentraler Bedeutung, die Lage der jeweiligen Atome in den mitunter komplexen Verbindungen möglichst exakt zu kennen, da die chemische Feinstruktur das Verhalten eines Materials, wie etwa in Katalysatoren entscheidend beeinflusst. Schon bei einfacheren Verbindungen ist aber eine Unzahl an Kombinationen in der Raumlage möglich. „Jeder kann ein Molekül zeichnen, aber in der echten Welt sind das dreidimensionale Strukturen, die sich relativ flexibel bewegen können“, sagte der Erstautor der Arbeit, Dominik Lemm vom Fachbereich für Computergestützte Materialphysik der Fakultät für Chemie der Universität Wien, im Gespräch mit der APA. Hier den möglichst richtigen Aufbau zu ermitteln, „ist gar nicht so einfach“, betonte der Forscher. Will man chemische Abläufe im Detail simulieren, braucht es daher sehr aufwendige Verfahren, deren rechnerische Umsetzung mitunter Tage dauern kann.

Hilfreiche Methode

Von den vielfach geläufigen, einfachen 2-D-Darstellungsformen geht daher auch die neue Methode aus. Den Ansatz namens „Graph2Structure“ wird nun im Fachblatt „Nature Communications“ vorgestellt. Mithilfe von maschinellem Lernen konnte das Team unter der Leitung von Anatole von Lilienfeld dabei die Strukturanalyse stark beschleunigen. Das anhand von zahlreichen detaillierten quantenchemischen Forschungsdaten trainierte System braucht tatsächlich nicht mehr als die gängige Darstellung einer Verbindung in Graphen-Form, um daraus die wahrscheinlichste 3D-Strukur abzuleiten. Mit dem simplen Input „erhält man als Ergebnis die hochqualitative Struktur“, erklärte Lemm.

Wie gut das System mit seinen Analysen liegt, hat das Team mit aufwendig erzeugten Strukturanalysen verglichen. Die Übereinstimmungen waren groß: „Wir kommen tatsächlich relativ nahe an die Originalstruktur heran“, betonte der Wissenschaftler. Es habe sich aber auch gezeigt, dass noch Luft nach oben ist: Denn je mehr Trainingsdaten zur Verfügung standen, desto akkurater wurde das Ergebnis. Anwendung findet das System, das in allen Chemiebereichen einsetzbar ist, in Wien nun quasi alltäglich am Beginn von fast jedem computerchemischen Forschungsprojekt. Die Methode entpuppte sich als „extrem hilfreich und zeitsparend“, betonte Lemm, der mit dem Forschungsteam den Ansatz nun frei zugänglich Kollegen zur Verfügung stellt.