Jemand hält Teebeutel in die Luft
AFP – MAURIZIO GAMBARINI
AFP – MAURIZIO GAMBARINI
Umwelt

Verrottete Teebeutel im Dienst der Forschung

Verrottete Teebeutel kommen aus dem Erdreich wieder ans Licht: In einem Berliner Kleingarten haben Forscherinnen und Forscher am Mittwoch nach gut drei Monaten vergrabene Teebeutel ausgegraben. Anhand ihres Zustands wollen sie die Bodenaktivität analysieren.

Zahlreiche Hobbyforscherinnen und Hobbyforscher aus ganz Deutschland beteiligen sich an dem Projekt. „Jetzt, wo die Teebeutel nach und nach wieder ausgegraben und alle gesammelten Bodendaten an uns übermittelt werden, steigt in unserem Team die Spannung“, erklärt Hans-Jörg Vogel, Leiter des Departments Bodensystemforschung am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Halle (Saale).

Tea-Bag-Index

Eine wichtige Kennzahl ist der sogenannte Tea-Bag-Index. Er zeigt an, wie schnell Bodenorganismen Pflanzenreste abbauen. Dazu wird pflanzliches Material, in diesem Fall Grün- und Rooibos-Tee, gewogen, drei Monate lang im Boden vergraben und nach dem Ausgraben erneut gewogen. Aus dem Unterschied zwischen Start- und Endgewicht der Teebeutel lässt sich der Tea-Bag-Index berechnen.

Die Teebeutel aus dem Berliner Kleingarten zeigen laut Vogel eine hohe biologische Aktivität an. Die Grüntee-Beutel hätten die Hälfte ihres Gewichts verloren. „Beim Rooibos-Tee lag die Gewichtsabnahme bei einem Drittel“, sagte Vogel. Der Rooibos-Tee sei wegen seiner Konsistenz schwerer abbaubar.

Hohe biologische Aktivität

Deutschlandweit wurden laut Vogel 4.500 Aktions-Sets verschickt. „Die Resonanz war enorm“, so der Wissenschaftler. Alle Sets waren bereits nach kurzer Zeit verschickt. Ein Set enthielt zwölf Teebeutel, die die Teilnehmer an jeweils zwei Standorten vergraben sollten. Außerdem sollen die Bürgerwissenschaftler auch weitere Daten erheben, etwa zum pH-Wert, zur Nutzungsart oder zur Körnung des Bodens. Citizen Science-Projekt mit Teebeuteln gab es auch bereits in Österreich.

In einigen Wochen wollen die deutschen Forscherinnen und Forscher erste Zwischenergebnisse präsentieren. Im Anschluss an die Auswertung sollen die Daten in internationale Forschungsprojekte zur nachhaltigen Bodennutzung einfließen.

In der Schweiz werden auch Unterhosen eingegraben

Auf die Idee mit den Teebeuteln kamen Niederländer bereits vor einigen Jahren. 2018 vergruben Forscher rund um den Globus etwa 35.000 Beutel Tee. An 570 Standorten auf sechs Kontinenten maßen sie, wie schnell die abgestorbenen Pflanzenteile im Wald abgebaut wurden.

Wie schnell Biomasse verrottet, wurde zuvor schon öfter gemessen. Allerdings waren die Ergebnisse immer schwer vergleichbar, weil verschiedene Pflanzenarten in unterschiedlichen Säckchen vergraben wurden. In der Schweiz etwa verschickte heuer eine staatliche Forschungsstelle 2.000 Baumwollunterhosen an Gartenbesitzer und Bauern zur Untersuchung der Bodenqualität. Damit wird analysiert, wie stark diese zersetzt werden.