Korallen im Roten Meer
Morgan Bennett-Smith & Michael Berumen/KAUST
Morgan Bennett-Smith & Michael Berumen/KAUST
Klimawandel

Probiotika als Korallenschutz

Forscher und Forscherinnen aus Saudi-Arabien haben eine vielversprechende Therapie für bedrohte Korallen entwickelt: Probiotika schützen die Nesseltiere vor Hitzestress – unter Laborbedingungen liefert die Methode spektakuläre Ergebnisse.

Warnungen vor dem weltweiten Korallensterben gab es in den letzten Jahren zuhauf, erst im Juli haben Forscher und Forscherinnen in einem Positionspapier – wieder einmal – konkrete Maßnahmen zum Schutz der Korallenriffe eingefordert. Die Riffe befänden sich an einem Wendepunkt, heißt es in dem Bericht, 30 Prozent seien bereits verloren, 40 Prozent massiv bedroht. „Die aktuellen Forschungsergebnisse zeigen, dass nur sehr wenige Korallenriffe intakt bleiben werden, wenn wir jetzt nicht handeln“, sagte Christian Wild, Professor für Marine Ökologie an der Universität Bremen.

Schutz vor Hitzestress

Hauptursache für die ökologische Krise ist die Klimaerwärmung, die steigenden Temperaturen bringen die Symbiose zwischen Korallen, Algen und Geißeltierchen aus dem Gleichgewicht, dadurch bleichen die Korallen aus – und verhungern. Ein Team um Erika Santoro von der King Abdullah University of Science and Technology hat jetzt eine Methode entwickelt, die Korallen zumindest widerstandsfähiger machen könnte. Wie die Forscher und Forscherinnen in der aktuellen Ausgabe von „Science Advances“ berichten, bietet ein Cocktail aus Probiotika offenbar Schutz vor Hitzestress.

Farbenfroh: Orange-lila Koralle in Großaufnahme
KAUST, Morgan Bennett Smith
Mit Hilfe von Bakterien werden Korallen stressresistenter

Das Experiment lief folgendermaßen ab: Zunächst isolierten Santoro und ihr Team sechs nützliche Bakterienstämme aus der Koralle Mussismilia hispida, beimpften einige Tiere mit dem Probiotika-Cocktail und setzten sie dann zehn Tage einer Temperatur von 30 Grad aus. Wie Santoro erzählt, brachte der Versuch zunächst ein enttäuschendes Ergebnis, zwischen behandelten und unbehandelten Korallen zeigten sich direkt nach der Stressperiode keine Unterschiede, ein Ausbleichen war in beiden Gruppen zu beobachten. „Aber als wir die Temperatur wieder senkten, sahen wir plötzlich einen Effekt“, sagt Santoro.

Regeneration angekurbelt

Laut Studie erhöhte sich die Überlebensrate der behandelten Korallen von 60 auf 100 Prozent, die Probiotika dürften sich also positiv auf die Regeneration auswirken und die schädlichen Effekte der „post-heat stress disorder“, wie das im Fachjargon heißt, abmildern. Für diese Deutung sprechen auch einige molekularbiologische Befunde. Während der Regeneration waren bei den behandelten Korallen weniger Gene aktiv, die mit dem programmierten Zelltod in Zusammenhang stehen. Angekurbelt wurde indes der zelluläre Schutz vor Hitzestress.

Auch die Bakterienflora der beiden Korallengruppen war nach dem Versuch klar unterscheidbar. Wie die Behandlung unter Naturbedingungen wirkt, wird noch zeigen sein, Santoro ist jedenfalls optimistisch, dass sich die Probiotika-Methode als „wirksames Werkzeug zum Schutz der Korallen“ erweisen wird. Und betont: Ein Wundermittel sei diese Maßnahme gleichwohl nicht. „Das Wichtigste ist, dass wir den Ausstoß von Treibhausgasen verringern. Die Korallen brauchen alle Maßnahmen, die möglich sind.“