Ein Arzt hält mehrere Ampullen mit Pfizer-Impfstoffen
AFP – AHMAD GHARABLI
AFP – AHMAD GHARABLI
Nebenwirkungen

Risiko für Infizierte viel höher als für Geimpfte

Viele Impfskeptiker begründen ihre Haltung mit der Sorge um mögliche Nebenwirkungen. Die bisher größte Studie zu dem Thema zeigt nun: In seltenen Fällen kommt es nach einer BioNTech-Pfizer-Impfung tatsächlich zu Nebenwirkungen – das Risiko für die gleichen Nebenwirkungen ist bei SARS-CoV-2-Infizierten aber viel größer.

Ein Team um Ran Balicer vom Forschungszentrum der israelischen Krankenkassa Clalit wertete Daten von über zwei Millionen Männern und Frauen aus, wie es soeben im „New England Journal of Medicine“ berichtet. Sie sammelten die Daten zwischen Dezember 2020, dem Beginn der Impfkampagne in Israel, und Mai 2021, insgesamt untersuchten sie 25 Nebeneffekte.

Beispiel Myocarditis

Im Vergleich zur üblichen Krankheitsrate traten etwa nach einer Pfizer-Impfung knapp drei Myocarditis-Fälle mehr pro 100.000 Personen auf. Betroffen von der Herzmuskelentzündung waren zum allergrößten Teil junge Männer zwischen 20 und 34 Jahren. Auch geschwollene Lymphknoten, Infektionen mit Herpes Zoster und Entzündungen des Wurmfortsatzes hingen „moderat“ mit einer Impfung zusammen, wie es in einer Clalit-Aussendung heißt.

Die Nebenwirkungen ungeimpfter CoV-Infizierter seien aber deutlich stärker gewesen. So gab es bei ihnen – abgesehen von den CoV-Symptomen – elf zusätzliche Fälle von Myocarditis pro 100.000 Personen und eine Reihe weiterer erhöhter Risiken. Am stärksten ausgeprägt jenes für Herzrythmusstörungen (zusätzlich 166 Fälle pro 100.000), Nierenschäden (plus 125 Fälle), und Lungenembolien (plus 62 Fälle). Auch Herzbeutelentzündungen, Thrombosen, Infarkte und Schlaganfälle traten bei ihnen häufiger auf als bei Geimpften.

Natürliche Ansteckung keine gute Alternative

Im Gegensatz dazu fand das Team um Ran Balicer kein erhöhtes Thrombose- oder Embolierisiko nach Impfungen. Der Pfizer-Impfstoff biete gegen manche Körperzustände sogar Schutz, namentlich gegen Anämie und Hirnblutungen. „Diese Nebeneffekte können laut unserer Studie auch als Komplikationen einer SARS-CoV-2-Infektion auftreten“, schreiben die Forscherinnen und Forscher. „Die Schutzwirkung scheint also über den Schutz gegen eine Coronavirus-Infektion vermittelt zu sein.“

Die Studienautorinnen und -autoren hoffen gute Argumente geliefert zu haben, um Impfskeptiker zu überzeugen. „Allen, die bisher mit einer Impfung gezögert haben, weil sie wegen sehr seltener Nebenwirkungen wie Myocarditis besorgt waren, sollte klar sein, dass das Risiko für Ungeimpfte tatsächlich höher ist“, sagt Ben Reis, Studien-Mitautor und Bioinformatiker an der Harvard Medical School.

Eine natürliche Ansteckung als Alternative zur Impfung zu betrachten, sei keine gute Idee, meint auch Studien-Hauptautor Ran Balicer. „Unsere Daten liefern gute Argumente, sich impfen zu lassen, speziell in Ländern, in denen das Virus gerade stark verbreitet ist.“