Labor: Probandin mit EEG-Haube sitzt mit einem Roboter an einem Spieltisch
IIT-Istituto Italiano di Tecnologia
IIT-Istituto Italiano di Tecnologia
Experiment

Der kalte Blick des Roboters

Ein italienisches Forschungsteam hat Probanden in einem Strategiespiel gegen humanoide Roboter antreten lassen. Bilanz des Duells Mensch gegen Maschine: Der Blickkontakt macht den Unterschied.

„In Zukunft werden Roboter in unserem Alltag immer stärker präsent sein“, sagt Studienleiterin Agnieszka Wykowska. „Daher ist es wichtig, nicht nur über das technische Design Bescheid zu wissen, sondern ebenso über die Wechselwirkung zwischen Mensch und Maschine – vor allem, wie das menschliche Gehirn auf Signale von Robotern reagiert.“ Um das herauszufinden, bat die Forscherin vom Istituto italiano di tecnologia (IIT) in Genua 40 Probanden ins Labor, genauer: zu einem Duell mit dem humanoiden Roboter iCub.

„Chicken Game“: Wer hat die besseren Nerven?

Der Roboter hat einen maschinenartigen Körper, sein Kopf indes ist dem Erscheinungsbild eines drei- bis vierjährigen Kindes nachempfunden, mit rundem Kopf und großen Augen. Diese Attribute geben ihm einen niedlichen Gesichtsausdruck – aber der Blick ist dennoch der einer Maschine. Und das hat konkrete Auswirkungen auf die Hirnströme der Probanden, wie Wykowska nun im Fachblatt „Science Robotics“ berichtet.

Roboter und Probandin sitzen an einem Tisch und spielen das „Chicken Game“ auf einem Tablet.
Istituto Italiano di Tecnologia – IIT
Strategiespiel im IIT-Labor

Das Experiment lief so ab: Bei dem Strategiespiel „Chicken Game“ (auch „Feiglingsspiel“ genannt) geht es darum, zwei Autos virtuell aufeinander zufahren zu lassen. Bleiben beide Duellanten bis zuletzt auf dem Gaspedal, endet das Ganze mit einer Karambolage und null Punkten für beide. Ausweichen ist auch möglich – doch das bringt den Gegner punktemäßig in Vorteil, gewonnen hat also, wer möglichst lange die Nerven behält und dennoch keinen Unfall baut. Die Abwägung zwischen Punktemaximierung und Risikovermeidung bedarf auch einer Einschätzung des Gegenübers: Wie wird sich mein Gegner verhalten, welche Strategie verfolgt er? Das ist die Frage, die in dem Spiel entscheidend ist.

Hemmender Blickkontakt

Was währenddessen im Kopf der Probanden vorging, haben Wykowska und ihr Team per EEG überprüft. Als entscheidender Einflussfaktor erwies sich der Augenkontakt: Hatte iCube den Blick auf sein Gegenüber gerichtet, agierten die Probanden messbar zögerlicher, wie die Forscherinnen in ihrer Studie schreiben. Was darauf hinweist, dass es Menschen bisweilen schwerfällt, eine Maschine bloß als Maschine zu betrachten, sofern sie so ähnlich wie ein Mensch aussieht.

Oder, wie es Wykowska in einer Aussendung ausdrückt: Der Roboter „kapert“ Mechanismen im Gehirn, die eigentlich unserem Sozialleben entstammen. „Stellen Sie sich vor, Sie spielen Poker mit einem Roboter und er schaut Sie die ganze Zeit an, wenn sie ihren nächsten Zug machen. Die Entscheidung wird Ihnen schwerer fallen – und Ihr Gehirn wird beträchtlichen Aufwand betreiben müssen, um den Blick zu ignorieren.“

Was folgt daraus? Wykowska ist der Ansicht, dass der Einfluss sozialer Roboter auch hemmend sein und in eine Richtung gehen kann, die nicht unbedingt zu unserem Vorteil sein muss. Roboter böten zwar viele Möglichkeiten von der Altenpflege bis hin zur Therapie von Autismus, aber der Dialog mit der Maschine beinhalte eben auch Risiken. Die gelte es zu berücksichtigen, wenn sich Roboter künftig in unsere Gesellschaft eingliedern sollen. Besonders dann, wenn sie soziale Aufgaben übernehmen.