Tropenwald: Luftaufnahme des Omo Forest Reserve in Nigeria
MOISE GOMIS/AFP
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Tropenwälder binden mehr CO2 als gedacht

Selten, aber doch bringt die Klimaforschung auch erfreuliche Ergebnisse: Zentralafrikanische Gebirgswälder können bis zu zwei Drittel mehr Kohlenstoff speichern als bisher angenommen. Umso wichtiger wäre es laut einer Studie, diese Ökosysteme in Zukunft besser zu schützen.

Bäume sind bekanntermaßen wichtige Kohlenstoffspeicher. Bei der Photosynthese entnehmen sie der Atmosphäre CO2 und legen es anschließend als Kohlenstoff im Holzkörper an. Im Kampf gegen die Klimaerwärmung spielt der Wald also eine entscheidende Rolle.

Während tropische Wälder weniger als zehn Prozent der Landmasse einnehmen sind dort 40 bis 50 Prozent des weltweit in Pflanzen gespeicherten Kohlenstoffs gelagert. Doch Wald ist nicht gleich Wald, wenn es um die Speicherkapazität geht. So wurde bisher etwa angenommen, dass Bäume in höher gelegenen tropischen Regionen weniger Kohlenstoff aufnehmen können als solche in tieferen Lagen.

Kapazität höher als von IPCC veranschlagt

Ganz so ist es aber doch nicht, wie eine Studie im Fachjournal „Nature“ nun aufzeigt. Ein internationales Forscherteam um Aida Cuní Sanchez hat Daten über die Kohlenstoff-Speicherkapazität von Bäumen in 44 Gebirgsregionen zwölf afrikanischer Länder ausgewertet – darunter Kenia, Nigeria, Burundi und Äthiopien. Co-Autor und Ökologe Martin Sullivan von der Universität von Manchester erklärt gegenüber dem ORF: „Wir haben Daten von 226 höher gelegenen Waldteilen in Afrika analysiert. An der Datensammlung waren über einhundert Personen beteiligt.“

Das Ergebnis: Im Durchschnitt können Bäume in tropischen Gebirgswäldern pro Hektar knapp 150 Tonnen Kohlenstoff überirdisch speichern. Die Speicherkapazität sei damit nicht nur vergleichbar mit Bäumen in tropischen Wäldern tieferer Lagen, sie sei auch um zwei Drittel höher als der Weltklimarat (IPCC) in einem Bericht aus dem Jahr 2019 vermutet hatte. Darin hieß es, dass die afrikanischen Gebirgswälder nur knapp 90 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar speichern können.

Bewaldeter Bergrücken, im Hintergund das Mount-Kenya-Massiv
TONY KARUMBA/AFP
Tropenwald am Fuße des Mount-Kenya-Massivs

Sullivan: „Der Grund für den großen Unterschied des IPCC-Berichts zu unseren Forschungsergebnissen liegt vor allem darin, dass sich der IPCC auf Daten aus nationalen Quellen bezogen hat. Darin wird aber nicht klar aufgezeigt, ob die Wälder noch intakt waren oder ob sie bereits von Menschen durch Abholzung verändert wurden.“ Sullivan und seine Kolleginnen und Kollegen hätten daher zwar immer vermutet, dass die Speicherkapazität intakter afrikanischer Gebirgswälder über dem vom IPCC berechneten Wert liege. „Dennoch waren wir natürlich überrascht, dass die Speicherkapazität tatsächlich um zwei Drittel höher zu sein scheint als bisher angenommen“, erklärt der britische Ökologe.

Abholzung gefährdet wichtige Ökosysteme

Wie viele andere Wälder sind aber auch die tropischen Gebirgswälder in Afrika vom Menschen gefährdet. Laut der Studie fielen in den letzten 20 Jahren 0,8 Millionen Hektar Fläche – das entspricht etwa fünf Prozent der Gesamtfläche – der Abholzung zum Opfer. Besonders davon betroffen waren laut Sullivan die Demokratische Republik Kongo, Uganda und Äthiopien. Dadurch, dass die Gebirgswälder meist kleiner sind als solche in tieferen Regionen, seien deren Ränder eher den darunter lebenden Menschen ausgesetzt. Für Sullivan einer der Hauptgründe dafür, dass die Abholzung „dramatisch schnell“ voranschreite.

Mit der Rodung der afrikanischen Gebirgswälder werden außerdem wichtige Ökosysteme zerstört. So sind sie laut der Studie nicht nur gute Kohlenstoffspeicher, sondern auch die Heimat zahlreicher Tier- und Pflanzenarten. Die Biodiversität in den afrikanischen Gebirgswäldern sei eine der höchsten weltweit. Außerdem fungieren sie als wichtige Wasserspeicher und befinden sich an Quellgebieten zahlreicher großer Flüsse, wie etwa dem Kongo und dem Nil. Dort regulieren sie unter anderem die Abflussgeschwindigkeit des Wassers.

Beim Roden der Wälder gelange der gespeicherte Kohlenstoff zum Teil wieder als CO2 in die Atmosphäre, so Sullivan: „Es ist enorm wichtig, dass die Bäume in den afrikanischen Gebirgswäldern erhalten bleiben. Wenn nichts gegen die fortschreitende Abholzung unternommen wird, müssen wir mit hohen CO2-Emissionen durch das Fällen der Bäume rechnen.“

Forscher fordern mehr Schutz für Gebirgswälder

Durch die neuen Erkenntnisse über die große Kapazität der Bäume haben die Forscherinnen und Forscher das große Potential der höher gelegenen Wälder als Kohlenstoff-Speicher aufgezeigt. Sie fordern, diese Ökosysteme in Zukunft besser zu schützen, etwa durch eine verbesserte Kohlenstoff-orientierte Finanzwirtschaft, um die Auswirkungen von Treibhausgasen auf die Umwelt zu verringern.

Das internationale Forscherteam wird laut Sullivan auch weiterhin die Kohlenstoff-Speicherkapazität von afrikanischen Gebirgswäldern erforschen. In der aktuellen Studie wurde zunächst die Fähigkeit der Bäume, Kohlenstoff überirdisch zu speichern, analysiert. Doch auch im Waldboden könne das Element gebunden werden. Unter Einbindung dieser Erkenntnisse werde sich die generelle Speicherkapazität der Gebirgswälder noch weiter erhöhen, ist sich Sullivan sicher.