Gelb-grüner Papagei im Wald: Kakapo in Großaufnahme
Jake Osborne
Jake Osborne
Papageien

10.000 Jahre Inzucht

Der flugunfähige Kakapo-Papagei ist akut vom Aussterben bedroht. Die wenigen verbliebenen Tiere sollten eigentlich unter genetischer Verarmung leiden. Doch die Inzucht hat ihnen nicht geschadet – im Gegenteil.

Bevor der Mensch die Inselgruppe Neuseelands erreichte, lag die Zahl der Kakapos Schätzungen zufolge bei mehreren Hunderttausend. Mitte der 1990er war die Population auf 51 Tiere geschrumpft. 50 davon auf der kleinen Steward-Insel. Sowie, auf einer der beiden Hauptinseln, ein einsames Männchen namens Richard Henry – eine Reverenz an den gleichnamigen neuseeländischen Tierschützer Henry (1845 – 1929), der sich zeitlebens für das Überleben der flugunfähigen Vögel eingesetzt hatte. Mittlerweile hat sich der Bestand wieder ein wenig erholt, Wissenschaftler schätzen, dass es nun rund 200 Kakapos auf Neuseeland gibt.

Erstaunlich „sauberes“ Erbgut

Welche Konsequenzen hat das für die Genetik der Tiere? Das haben jetzt Forscher um Nicolas Dussex von der Universität Stockholm untersucht. Nachdem die Population auf der Steward-Insel seit schätzungsweise 10.000 Jahren isoliert war, sollte die Inzucht Spuren im Erbgut hinterlassen haben. Tut sie auch, schreibt der Genetiker in der Fachzeitschrift „Cell Genomics“. Nur anders als zu erwarten war: Die Kakapos tragen laut seiner Analyse nun weniger schädliche Mutationen im Erbgut denn je.

Gelb-grüner Papagei: Kakapo sitzt auf einem Ast
Jake Osborne
Derzeit leben rund 200 Kakapos auf Neuseeland

„Die nachteiligen Mutation wurden durch die natürliche Selektion entfernt, wir nennen diesen Prozess ‚Purging‘. Und die Inzucht dürfte diesen Vorgang erleichtert haben“, erklärt Dussex. Eine Ausnahme ist in dieser Hinsicht Richard Henry. Der 2010 im stattlichen Alter von 80 Jahren verstorbene Papagei trug im Gegensatz zu seinen Artgenossen von der Steward-Insel sehr wohl schädliche Mutationen in seiner DNA – und hat diese auch seinen Nachfahren auf der Hauptinsel vererbt. Das gelte es bei zukünftigen Artenschutzmaßnahmen zu berücksichtigen, sagt Dussex. Obwohl sich die Population ein wenig erholt habe, gehöre der Kakapo immer noch zu den am stärksten gefährdeten Vogelarten der Welt.

Verwirrung: Balz mit dem Falschen

Dass bei so wenigen Exemplaren Hürden für den Artenschutz bestehen, zeigt auch ein anderer Vertreter dieser Art. Der Papagei Sirocco, geboren 1997 auf Codfish Island, litt in seinen Jugendjahren unter einer schweren Atemwegserkrankung, weswegen er von seiner Mutter getrennt und von Menschenhand aufgezogen wurde. Das rettete dem Vogel zwar das Leben, doch die Prägung hatte zur Folge, dass er sich sexuell für Menschen interessiert – nicht aber für weibliche Kakapos.

In der BBC-Serie „Last Chance to See“ wurde diese Vorliebe festgehalten. Als der Zoologe Mark Carwardine den beinahe „Letzten seiner Art“ im Fernsehen vorstellte, versuchte sich der Papagei vor laufender Kamera mit dem Zoologen zu verpaaren. Erfolglos. Immerhin hat ihm der Auftritt eine gewisse Prominenz eingebracht. Der Premierminister Neuseelands verlieh Sirocco 2010 den Titel „Official Spokesbird for Conservation“.