Eine Reihe von Steckern in einem Serverraum
Fotolia – xiaoliangge
Fotolia – xiaoliangge
Registerdaten

Bessere Entscheidungen bei Covid-19 und Co.

Nicht zuletzt Covid-19 hat gezeigt, dass die Datengrundlage in Österreichs Forschung ausbaufähig ist. Im kommenden Jahr soll deshalb der Zugriff auf sogenannte Registerdaten erleichtert werden. Experten und Expertinnen erhoffen sich davon eine bessere Grundlage für politische Entscheidungen – es gibt aber auch Datenschutzbedenken.

Vom Bildungs- über den Pflege- bis hin zum Gesundheitsbereich – österreichische Forscherinnen und Forscher hätten gerne einen besseren und einfacheren Zugriff auf die Register von Ministerien und anderen Behörden. Darunter versteht man Verzeichnisse oder Datenbanken, die unterschiedliche Merkmale der österreichischen Bevölkerung abbilden und deren Erstellung im Bundesgesetz vorgesehen sind.

Bisher waren Forscherinnen und Forscher oft auf bereits zusammengefasste Daten der Statistik Austria angewiesen oder mussten bei den Behörden extra einen Zugriff auf die Register beantragen, wie etwa bei der Arbeitsmarktdatenbank (AMDB) des AMS. „Diese Daten sind für gewisse Fragestellungen aber unbedingt notwendig, um tatsächlich gute, moderne, empirische Forschung betreiben zu können“, erklärt der Ökonom Harald Oberhofer von der Wirtschaftsuniversität Wien und dem Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO).

Mikrodatenzentrum geplant

Um den Zugriff auf bestimmte Registerdaten zu erleichtern und ihn auf andere Datenbanken überhaupt erst zu ermöglichen, wird derzeit an der Einführung des Austria Micro Data Centers gearbeitet. Die Begutachtungsphase für die dafür notwendigen Gesetzesänderungen wurde vor kurzem abgeschlossen. Oberhofer: „Jetzt ist noch notwendig, dass es eine parlamentarische Mehrheit für diese Novelle gibt.“ Der Wiener Ökonom geht aber davon aus, dass eine derartige Novelle bald beschlossen wird, das Mikrodatenzentrum soll dann ab 1. Jänner 2022 bei der Statistik Austria aufgebaut werden. Zugelassene Forschungseinrichtungen können darüber dann Daten aus Registern der öffentlichen Verwaltung verwenden, verknüpfen und auch mit selbst erhobenen Daten für die Grundlagenforschung verbinden.

Ö1 Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch eine Serie in Wissen aktuell ab dem 15.9., 13:55 Uhr.

Die möglichen Anwendungsfelder der Registerforschung seien in Österreich breitgefächert. Damit werde etwa evidenzbasierte Forschung möglich, wie Oberhofer erklärt: „Wenn ich viel Forschung habe auf Basis von Daten aus dem eigenen Land, dann verstehe ich das Land und dessen Bevölkerung generell besser. Man kann dann zum Beispiel überprüfen, wie politische Maßnahmen wirklich wirken – davon würde die ganze Gesellschaft profitieren.“ Falls nötig, könnten die Maßnahmen nämlich dementsprechend nachjustiert werden.

Genauere COVID-Prognosen

Gerade in Zeiten von COVID-19 wäre der Zugriff der Wissenschaft auf österreichische Register hilfreich, wie Thomas König vom Institut für höhere Studien (IHS) erklärt. „Mit genaueren Daten hätte eventuell die Prognosetätigkeit der Forschenden verbessert werden können, die zum Teil auch die Prognostiken des Pandemieverlaufs für das Gesundheitsministerium erstellt haben“, so König. Außerdem hätte man genauer erforschen können, wie gefährlich das Virus für verschiedene Personengruppen ist und wie man bestimmte Risikogruppen besser davor schützen kann.

Eine Gruppe britischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnte etwa im Sommer 2020 Daten von mehr als 17 Millionen Personen in England nutzen, um nach dem Zusammenhang von demografischen, gesundheitlichen und sozialen Faktoren und einem tödlichen Verlauf einer COVID-19-Erkrankung zu forschen. Dabei bestätigten sie, dass das Alter sehr stark mit dem Risiko auf einen tödlichen Verlauf zusammenhängt. Eine Forschung mit einem so großen Datensatz (rund 40 Prozent der britischen Bevölkerung) wäre in Österreich derzeit nicht möglich.

Rechtliche Rahmenbedingungen notwendig

Das Austria Micro Data Center sorgt aber auch für Bedenken und Kritik. Der Zugriff auf Registerdaten ist vor allem Datenschützern ein Dorn im Auge. Sowohl Oberhofer als auch König verstehen diese Bedenken, schließlich gehe es vor allem bei den Gesundheitsregistern meist um sensible Daten. König stellt jedoch klar: „Der wissenschaftlichen Forschung geht es nie darum, einzelne Personen zu identifizieren, um sie dann aus den Daten einzeln hervorzuheben, sondern basierend auf statistischen Verfahren Aussagen über größere Personengruppen erstellen zu können.“

Rechtliche Rahmenbedingungen und technische Vorkehrungen seien nötig, um den Zugriff auf die Registerdaten möglichst sicher zu machen. Dazu zähle etwa das Pseudonymisieren der Daten, wodurch sie nicht mehr einer spezifischen Person zugeordnet werden können. Außerdem bleiben die Datensätze auf den Servern des Mikrodatenzentrums, Forscherinnen und Forscher erhalten nur einen gesicherten Fernzugriff. Laut König bekommt nicht jeder einfach so Zugriff auf die Register – Forschungseinrichtungen müssen sich dafür registrieren und genau angeben, welche Daten wofür benötigt werden. Als positives Beispiel gelten hier skandinavische Länder wie Dänemark oder Schweden. König: „Dort ist der Zugriff auf Registerdaten schon seit mehreren Jahren möglich und man sieht, dass ein sicherer Umgang mit den Daten funktionieren kann.“

König abschließend: „Das Austria Micro Data Center mit einer langfristigen Perspektive zu etablieren, wäre extrem wichtig für die Forschung in Österreich. Wir sind mit unserem Anliegen schon weit gekommen, und es würde mich sehr freuen, wenn es mit Anfang 2022 tatsächlich installiert werden könnte.“