Ein Mann mit weißen Handschuhen hält Verpackungen mit weißen Pillen in der Hand
AFP – SAM PANTHAKY
AFP – SAM PANTHAKY
Schwangerschaft

Expertinnen raten zu Vorsicht bei Paracetamol

Um Schmerzen und Fieber zu bekämpfen, greifen Schwangere oft zu Paracetamol – auch aus Mangel an Alternativen. Ein neuer Übersichtsartikel über die Studienlage rät nun zur Vorsicht: Der Wirkstoff sollte in der Schwangerschaft nur in der geringsten Dosierung und so kurz wie möglich eingesetzt werden, fordern Expertinnen und Experten.

Der Ausgangspunkt: Paracetamol ist wegen seiner schmerzlindernden und fiebersenkenden Wirkung beliebt – auch unter schwangeren Frauen. Obwohl der genaue Wirkungsmechanismus bis heute nicht geklärt wurde, zählt das Medikament weltweit zu den meistverkauften Arzneimitteln. Das rezeptfreie Mittel ist durch seine hohe Bekanntheit und leichte Verfügbarkeit – auch über Online-Händler erhältlich – ein ewiges Mitglied im Badezimmerschrank.

Der beliebte Wirkstoff ist Thema einer neuen Überblicksstudie, die in der Fachzeitschrift „Nature Reviews Endocrinology“ veröffentlicht wurde. 13 Expertinnen und Experten trugen Forschungsergebnisse der letzten 25 Jahre zusammen und berichten über die Wirkung von Paracetamol in der Schwangerschaft.

Schmerzmittel in der Schwangerschaft

Während der Schwangerschaft haben Frauen nur eine begrenzte Anzahl an Medikamenten, die sie einnehmen können, ohne ihrem Kind damit zu schaden. Weltweit sind es etwa 50 Prozent der schwangeren Frauen, die das Medikament einnehmen. „Ich möchte mit dieser Studie Schwangere daran erinnern, dass es sich hierbei um ein echtes Medikament, mit echten Nebenwirkungen handelt“, meint der Studienhauptautor David Kristensen von der Universität Kopenhagen in einer Präsentation zur Studie.

Kristensen und sein Team zeigen mit ihren Daten, dass vergangene Studien zu Paracetamol lückenhaft sind. Bekannt ist: Der Wirkstoff senkt nicht nur Fieber und lindert Schmerzen, sondern er wirkt auch auf den Hormonhaushalt und kann ihn verändern. Tierversuche lassen bei längerer Einnahme auf Defizite in der neurologischen und körperlichen Entwicklung der Nachkommen schließen. Ein mögliches Risiko für menschliche Säuglinge könne durch die unzureichenden Daten nicht ausgeschlossen werden, sagen die Expertinnen und Experten.

Sie raten Schwangeren aber nicht ab, Paracetamol zu verwenden: Die kurzfristige Einnahme sei ungefährlich. Kritischer sei ein regelmäßiger Konsum, der mehr als zwei Wochen übersteigt. Außerdem müsste man das Risiko abwägen – unbehandelte Schmerzen und Fieber in der Schwangerschaft könnten sich ebenfalls auf das Wohl des Kindes auswirken. Daher sollten werdende Mütter vor der Einnahme von Paracetamol immer Rücksprache mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin halten.

Appell an Behörden

Das Forschungsteam ruft zur Vorsicht bei der Einnahme von Paracetamol auf und richtet sich mit einem Appell an die Medikamenten-Zulassungsbehörden in Europa (EMA) und den USA (FDA). „Es müssen mehr Daten zur Wirkung von Paracetamol generiert werden. Nur so kann man potenzielle Risiken für schwangere Frauen und ihre Kinder ausschließen“, sagt die Ko-Autorin Shanna Swan. Dieser Aufforderung schlossen sich mittlerweile knapp 100 Forscherinnen und Forscher an, die sich ebenfalls für weitere Studien zum Wirkstoff Paracetamol aussprechen.