CoV-Medikamente: Noch keine „Wunderwaffe“

Die Medizin ist einer besseren Behandlung von Covid-19 mit Medikamenten in den vergangenen eineinhalb Jahren deutlich näher gerückt. Das betonte Lungenfacharzt Bernd Lamprecht bei der Jahrestagung der Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP). Eine „Wunderwaffe“ gebe es jedoch bisher nicht. Die Prävention durch die Impfung sei der Reparaturmedizin überlegen.

Insgesamt werden derzeit mehr als 1.550 Substanzen als Kandidaten für eine mögliche Therapie von Covid-19 betrachtet, berichtete Lamprecht bei einer Pressekonferenz. 28 dieser Substanzen haben bisher eine ordnungsgemäße Zulassung oder Notfallzulassung. Darunter sind einerseits antivirale Präparate, die gegen das Virus selbst wirken sollen, wie Remdesivir und Favipiravir. Desweiteren werden antientzündliche Präparate wie Dexamethasone, Hydrocortisone und Methylprednisolone bzw. immunmodulatorische Präparate, die dämpfend auf das überschießende Immunsystem wirken (z.B. Tocilizumab, Baricitrinib und Sarilumab) eingesetzt.

Aus dem Plasma von Genesenen gewonnene Antikörper gegen SARS-CoV-2 wurden vor allem in einer früheren Phase der Pandemie eingesetzt. „Da ist sicher der Fehler gewesen, dass das zu spät gegeben wurde, erst bei schwer Erkrankten“, berichtete Lamprecht. Nun komme in der sogenannten passiven Immuntherapie eine zunehmend größere Anzahl künstlich hergestellter monoklonaler Antikörper zum Einsatz; z.B. Regdanvimab, Bamlanivimab und Etesevimab, Casirivimab und Imdevimab und Sotrovimab. Außerdem werden in der Behandlung von Covid-kranken antithrombotische Therapeutika eingesetzt, erläuterte der Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde an der Johannes Kepler Universität Linz.

Die unterschiedlichen Mittel werden jeweils in unterschiedlichen Phasen und Schweregraden einer Covid-Erkrankung eingesetzt. „Diese Medikamente können bei rechtzeitigem Einsatz das Risiko für einen schweren Verlauf reduzieren“, erläuterte Lamprecht. Das ersetze aber nicht die Prävention durch eine Impfung.

Gefährliche Superinfektion

Tobias Welte, Direktor der Klinik für Pneumologie und Infektionsmedizin an der Medizinischen Hochschule Hannover warnte vor Superinfektionen bei schweren Covid-Verläufen durch zusätzliches Eindringen bakterieller Erreger in die Lunge. Gerade bei beatmeten Patienten geschehe dies zwischen dem fünften und zehnten Beatmungstag, wobei die Antibiotika-Resistenzrate hoch und die Behandlung dadurch schwer ist.

Die Komplikation einer bakteriellen Zweitinfektion verdoppelt dabei das Sterberisiko. „SARS-CoV-2 wird bleiben“, merkte Welte an, „einerseits weil wir die Impfraten nicht hoch genug bekommen und andererseits, weil wir in einer globalisierten Welt leben“. Wir müssten mit dem Virus leben lernen, auch die Zero-Covid-Politik in Australien und Neuseeland sei mit dem Auftreten der Delta-Variante gescheitert.

Impfung auch für Kinder empfohlen

Weiteres Thema der ÖGP-Jahrestagung „Pneumology reloaded – Lunge voraus“, die von Mittwoch bis Freitag online abgehalten wird, ist Covid-19 bei Kindern. Weiterhin könne festgestellt werden, dass die akute CoV-Erkrankung für Kinder ohne Grunderkrankung in der Regel nicht sehr bedrohlich ist, erklärte ÖGP-Präsident Ernst Ebner. „Das gilt nicht für Kinder mit Vorerkrankungen“, betonte er. Dabei sind vor allem neuromuskuläre Erkrankungen ein Risiko, aber nicht Asthma. Außerdem tritt laut österreichischen Daten bei rund einem von 1.000 infizierten Kindern und Jugendlichen drei bis sechs Wochen nach einer SARS-CoV-2-Infektion ein Hyperinflammationssyndrom mit Multiorganbeteiligung auf und auch Long Covid kann bei Kindern auftreten.

Impfungen von Kindern seien daher wichtig für den Eigenschutz vor seltenen schweren Verläufe und Long Covid und für den Gemeinschaftsschutz, auch um Quarantänen zu verhindern, sagte Ebner. „Sehr, sehr selten“ können Kinder auch am Coronavirus sterben, auch künstliche Beatmung ist immer wieder notwendig, warnte der Mediziner.

Neben Corona sollen bei der Jahrestagung auch andere wichtige Themen rund um Lunge, Atemwege und deren Erkrankungen von Referenten aus dem In- und Ausland behandelt werden. Der Kongress wird zum fünften Mal gemeinsam mit der Gesellschaft für Thoraxchirurgie (OGTC) durchgeführt. Laut Ebner sind knapp 1.000 Teilnehmer angemeldet.