Mann mit Zopf und Axt vor untergehender Sonne
emerald_media – stock.adobe.com
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Erste Europäer

Wikinger vor exakt 1.000 Jahren in Amerika

Nicht Christoph Columbus und seine Gefährten sind die ersten Europäer auf amerikanischem Festland gewesen, sondern die Wikinger. Wann das genau war, galt lange als Rätsel. Ein Forscherteam analysierte nun Holzstücke aus dieser Zeit und fand heraus: Es war vor genau 1.000 Jahren – im Jahr 1021.

Ein Baum wurde im Frühling 1021 und ein anderer Baum vermutlich im Herbst desselben Jahres gefällt – und zwar im heutigen Nordkanada. So genau konnte ein internationales Forscherteam nun Holzstücke, die den Wikingern gehörten, zeitlich zuordnen. Damit sind die Fundstücke, so die Autorinnen und Autoren in ihrem „Nature“-Fachartikel, die ältesten datierten Belege dafür, dass Wikinger die ersten Europäer auf dem amerikanischen Kontinent waren. Bei der Bestimmung halfen ein Sonnensturm und die Altersringe der Hölzer.

Von Mythen und Sagen

Dass Christoph Columbus 1492 als erster Europäer Amerika entdeckte, galt lange als einzig gesichertes Wissen. Mündlich überlieferte nordische Sagen legten etwas anderes nahe – nämlich dass Wikinger rund um „Leif Eriksson“ schon rund 500 Jahre zuvor auf Amerika gestoßen sein sollen. Mit ihren ikonischen Langschiffen sollen sie den Atlantik überquert haben und auf „Vinland“, das Land des Weines gestoßen sein.

1961 wurde aus den Sagen erstmals Realität. Durch die Entdeckung der Ausgrabungsstätte L’Anse aux Meadows auf der nordkanadischen Insel Neufundland konnte man zumindest belegen: Die Wikinger dürften tatsächlich vor Christoph Columbus in Amerika gewesen sein und dort auch gelebt haben. Wann genau, das war bisher unbekannt.

Luftaufnahme des L’anse aux Meadows auf Neufundland, Kanada
Glenn Nagel Photography
Ausgrabungsstätte L’Anse aux Meadows

Durch Analysen von drei unscheinbaren Holzstücken, die in eben genau dieser Fundstätte L’Anse aux Meadows gefunden wurden, konnte das Forscherteam rund um die Geochronologen Michael Dee und Margot Kuitems von der Universität Groningen nun aber Licht ins Dunkel bringen. Mittels Radiokarbonanalyse wiesen sie Kohlenstoffteilchen im Holz nach, welche einem bestimmten historischen Ereignis zugeordnet werden konnten: einem Sonnensturm im Jahr 992 n.Chr.

Die Jahressringe sind auschlaggebend

Dieser Sonnensturm lässt sich, so die Autoren und Autorinnen in ihrem Artikel, weltweit in den Altersringen fast aller Bäumen nachweisen, die zu dieser Zeit gewachsen sind. Nachdem in allen drei Holzresten Signale dieses Ereignisses gefunden werden konnten, musste man nur noch die Jahresringe abzählen.

Mikroskopfaufnahme eines der Holzfragmente
Petra Doeve, Universität Groningen
Mikroskopfaufnahme eines der Holzfragmente

„Die Tatsache, dass wir das Signal des Sonnensturms 29 Wachstumsringe vor der Rinde gefunden haben, erlaubt uns den Schluss, dass die Bäume im Jahr 1021 n. Chr. gefällt wurden“, fasst die Hauptautorin Kuitems in einer Aussendung zusammen. Durch die Struktur des Holzes konnte man schlussendlich alle Holzstücke eindeutig den Wikingern zuordnen: Sie wurden mit Metallwerkzeugen gefällt, die die indigene Bevölkerung zu dieser Zeit noch nicht hatten.

Damit stellt die Studie, so die Autoren, einen wichtigen Marker für die Ankunft der Europäer auf dem amerikanischen Festland auf. Erstmals konnte man feststellen, dass Wikinger sicher im Jahr 1021 in Amerika waren. Wie viele Expeditionen die Europäer unternahmen, oder wie lange sie dort blieben, das kann mit dieser Untersuchung freilich nicht festgestellt werden, das sei Gegenstand von künftigen Forschungen. Den Sagen nach zu urteilen, dürften es wohl mehr als zehn Jahre gewesen sein.