Pferdeherde in Kasachstan
Ludovic ORLANDO / Natural History Museum of Denmark / AMIS / CNRS Photothèque
Ludovic ORLANDO / Natural History Museum of Denmark / AMIS / CNRS Photothèque
Erbgut

Reitpferde stammen aus russischer Steppe

Der Geburtsort der modernen Reitpferde ist die westeurasische Steppe, wo Don und Wolga fließen, und schließlich in das Asowsche sowie Kaspische Meer münden, berichtet ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung. Vor 4.200 Jahren galoppierten die Menschen von dort aus rasch in die ganze Welt.

Ein Team um Ludovic Orlando von der Universität Toulouse untersuchte für die nun in im Fachjournal „Nature“ erschienene Studie das Erbgut von 273 Funden von Pferden, die vor 50.000 bis 2.200 Jahren gelebt haben, und verglich es mit jenem der heutigen Artgenossen. Die Funde stammten von allen möglichen Regionen, wo man den Ursprung der Pferde bisher vermutete, wie Iberien, Anatolien, die Steppen Zentralasiens und Westeurasiens.

Das alte Pferde-Erbgut verriet den Forschern, dass der Ursprung der modernen Reitpferde in der Steppe Westeurasiens im heutigen Russland liegt, wo Don und Wolga zu großen Flüssen angeschwollen sind. Von dort aus verbreiteten sie sich vor 4.200 Jahren zunächst nach Böhmen, in den Donauraum, nach Anatolien und Eurasien. Wo immer die neue Reitpferde auftauchten, verschwanden andere, zuvor dort ansässige Pferdelinien, so die Forscher, zu denen auch Gottfried Brem und Barbara Wallner vom Institut für Tierzucht und Genetik der Veterinärmedizinischen Universität Wien und Christoph Schwall vom Österreichischen Archäologischen Institut (ÖAI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Wien gehören.

Gene für starken Rücken

Zwei Erbgut-Veränderungen machten die neuen Pferde für die damaligen Bewohner der Don- und Wolga-Steppe wohl besonders nützlich, erklären sie: Eine passierte beim „GSDMC“-Gen, wo es bei Menschen Varianten gibt, die mit chronischen Rückenschmerzen in Verbindung gebracht werden. Diese Genveränderung ist bei den Reitpferden wohl dafür verantwortlich, dass sie einen besonders starken Rücken haben und somit Menschen und Ausrüstung problemlos tragen können. Außerdem haben sie eine Mutation beim „ZFPM1“-Gen, das bei Mäusen Angstaggression verursachen kann. Diese Veränderung machte die Reittiere wohl weniger scheu und gefügiger.

Die in der westeurasischen Steppe entstandene neue Pferdelinie verkraftete demnach lange, schnelle Ritte wohl besser, man konnte sie vor Kriegswagen zu spannen und ihnen schwere Packen aufzuladen, meinen die Forscher. Sie waren deshalb sehr beliebt und eroberten mit den ersten spezialisierten Pferdezüchtern, -händlern und -trainern sowie Wagenbauern die Welt.