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tadamichi – stock.adobe.com
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Statistik Austria

Bessere Datenvergleiche für Corona und Co.

Wie gut ist Österreichs Coronavirus-Strategie im internationalen Vergleich gewesen? Um diese und andere wichtige Fragen zu beantworten, braucht es vergleichbare und gute Datensätze, zu denen die Forschung auch Zugang hat – hierzulande bisher eine Seltenheit. Das neue Mikrodatenzentrum der Statistik Austria soll Abhilfe schaffen.

Groß angelegte Experimente kann es in der ökonomischen oder demographischen Forschung nicht geben. Menschen beispielsweise den Zugang zu Bildung zu verwehren und dann zu untersuchen, wie sich das auf ihr Erwerbsleben auswirkt, wäre mehr als unethisch.

Gleiches gilt für gesundheitspolitische Maßnahmen: Präventionskonzepte nur an einem Teil der Bevölkerung zu testen, wäre unmöglich. Deswegen ist die Forschung bei solchen Fragen auf Daten angewiesen – im Idealfall internationale Daten, um die Auswirkungen unterschiedlicher politischer Strategien vergleichen zu können. Eine Kooperation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Statistik Austria soll den Zugang der Wissenschaft zu Forschungsdaten nun verbessern.

Unverarbeitete Daten für die Forschung

Wie solche datengetriebene Forschung ablaufen kann, wird in diesem Semester in einer Reihe von Workshops und Vorträgen der Österreichische Akademie der Wissenschaften und der Statistik Austria erörtert, dabei sollen Statistikerinnen und Statistiker mit Forschenden zusammenkommen.

Denn will man untersuchen, wie sich Bildungsstand, Wohnort oder das Einkommen der Eltern auf die Arbeitslosigkeit auswirken oder wie solche Faktoren mit der Wahrscheinlichkeit einer Covid-19-Erkrankung zusammenhängen, braucht die Forschung Mikrodaten. Also Datensätze aus Verwaltungsregistern, Befragungen oder amtlichen Statistiken, die noch nicht zusammengefasst oder verarbeitet sind.

Im Blindflug durch die Krise

Genau die möchte das „Austrian Micro Data Center“ der Statistik Austria der österreichischen Forschung zur Verfügung stellen. Das Mikrodatenzentrum soll es, anders als bisher, möglich machen, vorhandene Daten zu verknüpfen, sagt Statistik Austria-Generaldirektor Tobias Thomas.

„Ein Beispiel ist, dass Herr Bundesminister Fassmann bis Anfang September nicht wusste, wie hoch die Impfquote unter Lehrerinnen und Lehrern ist, weil eben die Daten aus dem nationalen Impfregister nicht mit den Lehrerdaten verknüpft werden durften“, so Thomas. Die Covid-Maßnahmen wären folglich in einem teilweisen Blindflug erlassen worden.

Daten sinnvoll verknüpfen

Gleiches gilt für das epidemiologische Meldesystem: Die Daten zu Infektionen und jene aus dem Impfregister durften nicht mit sozioökonomischen und soziodemografischen Daten verknüpft werden. Das mache es unmöglich, festzustellen, in welchen Bevölkerungsgruppen das Infektionsgeschehen bzw. der Impffortschritt besonders groß sei, so Thomas.

„Tatsächlich hat das verhindert, dass die Maßnahmen, die gesetzt wurden, zielgenauer gesetzt werden konnten“, so Thomas. Insofern könne man mit einiger Berechtigung sagen, dass eine verbesserte Nutzung der vorhandenen Daten dazu geführt hätte, dass die wirtschaftlichen und gesundheitlichen Folgen der Corona-Krise geringer ausgefallen wären, erklärt der Generaldirektor der Statistik Austria.

Evidenzbasierte Politik möglich machen

Auch andere politische Maßnahmen könnten so evidenzbasiert gesetzt werden, ergänzt die Demographin Alexia Fürnkranz-Prskawetz, die an der Technischen Universität Wien und der Akademie der Wissenschaften forscht. Etwa was den Zusammenhang von Kinderbetreuungsangeboten und Geburtenrate betrifft. Hier sei der Vergleich internationaler Daten besonders wichtig für die Forschung.

„Ein typisches Beispiel ist Schweden, wo es, anders als in Österreich, flächendeckend eine Ganztagsbetreuung für Kleinkinder gibt sowie Ganztagesschulen“, sagt Fürnkranz-Prskawetz. So könne man im Vergleich mit Österreich und anderen Ländern untersuchen, wie sich diese bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie auf die Geburtenrate eines Landes auswirkt.

Mikrodatenzentrum ab 2022

Das „Austrian Micro Data Center“ soll solche internationalen Vergleiche leichter machen, wegen des besseren Zugangs zu sozioökonomischen Hintergrunddaten. Die Einrichtung des Mikrodatenzentrums wurde vom Ministerrat bereits beschloss, nun muss noch der Nationalrat zustimmen – 2022 soll es geplanterweise seine Arbeit aufnehmen. Genutzt werden kann es ausschließlich von nicht kommerziellen Forschungseinrichtungen und das unter strengen Datenschutzvorgaben.