Ein von MicroBooNE aufgezeichnetes Elektron-Neutrino-Ereignis
MicroBooNE Collaboration
MicroBooNE Collaboration
Teilchenphysik

Jagd nach sterilen Neutrinos bleibt ergebnislos

Der Grund für manche Anomalien in physikalischen Experimenten bleibt rätselhaft. Dass sogenannte sterile Neutrinos dafür verantwortlich sein könnten, scheint nach neuesten Erkenntnissen unwahrscheinlich. Ein internationales Team fand keine Hinweise, dass die theoretischen Elementarteilchen tatsächlich existieren.

Das sei ein spannender Wendepunkt in der Neutrinoforschung, erklärte Michele Weber, wissenschaftlicher Leiter des sogenannten MicroBooNE-Experiments und Professor für experimentelle Teilchenphysik der Universität Bern. „Natürlich sind Entdeckungen spannender als Nullresultate – aber diese sind umso wichtiger.“

Neutrinos werden von verschiedenen Quellen produziert, einschließlich der Sonne, der Atmosphäre, Kernreaktoren und Teilchenbeschleunigern. Da sie selten mit anderer Materie interagieren, sind sie schwer nachzuweisen. Deshalb werden sie auch als „Geisterteilchen“ bezeichnet. Dennoch können sie mit Teilchendetektoren indirekt sichtbar gemacht und untersucht werden.

Hypothetisches Teilchen

Neutrinos können zwischen drei bekannten Arten auf besondere Weise hin- und her wechseln. Diese „Neutrino-Oszillation“ wurde in den 1990er-Jahren bei einem Experiment in den USA untersucht. Dabei wurden mehr Teilchenwechselwirkungen beobachtet als theoretisch erwartet. Als beliebte Erklärung dieser seltsamen Ergebnisse galt seither, dass es eine vierte Neutrino-Art geben muss – eben sterile Neutrinos. Dieses hypothetische Teilchen wäre noch schwerer zu fassen als seine „Kollegen“ und würde nur auf die Schwerkraft reagieren.

Mit der damaligen Detektor-Technologie wäre es gar nicht möglich gewesen, ein solches Neutrino nachzuweisen. Daher wurde 2007 die Idee für das MicroBooNE-Experiment geboren. Der dafür verwendete Teilchendetektor wurde am Forschungszentrum Fermilab nahe Chicago entwickelt. 2015 nahm er seinen Betrieb auf.

Nun könne man die wahrscheinlichste Erklärung für die Anomalien weitestgehend ausschließen, erklärte Professor Weber: „Wir untersuchen jetzt andere – komplexere und vielleicht interessantere – Möglichkeiten. Dazu gehören so faszinierende Dinge wie Licht, das durch neuartige Prozesse bei Neutrinokollisionen erzeugt wird, oder so exotische wie dunkle Materie.“