Eine Frau liegt auf einem Sofa und schaut in ihren Laptop
alex.pin – stock.adobe.com
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Medienkonsum

„Nur noch eine Folge“

Der Konsum von sozialen Medien und Streaming-Angeboten am Abend raubt vielen Menschen den Schlaf. Dabei ist nicht nur das Licht der Bildschirme ein Problem – auch der Inhalt des Gesehenen kann die Nachtruhe stören. Speziell Cliffhanger lassen das Gehirn nicht zur Ruhe kommen, erklärt eine Schlafexpertin.

Serien auf Netflix oder anderen Streaming-Plattformen sind sehr erfolgreich und beliebt. Neben dem Internet und sozialen Medien verbringen zahlreiche Menschen viel Zeit damit. Problematisch ist der Medienkonsum dabei vor allem am Abend, weiß die Schlafexpertin Christine Blume von der Universität von Basel. Gegenüber dem ORF erklärt sie: „Egal ob Instagram, Twitter oder auch Netflix, die Inhalte auf diesen Plattformen sind oft so gestaltet, dass wir uns schwertun abzuschalten.“

Blume verweist auf eine Aussage des Geschäftsführers von Netflix, Reed Hastings. Demnach seien etwa nicht andere Anbieter wie Amazon oder YouTube die größten Konkurrenten für die beliebte Streaming-Plattform, sondern der Schlaf.

Cliffhanger bleiben im Gedächtnis

Viele moderne Serien haben sogenannte Cliffhanger – also ein plötzliches Ende einer Folge an der spannendsten Stelle. Dieser Aufbau wirkt sich laut Blume zweifach negativ auf den Schlaf aus. Ein besonders spannendes Finale einer Folge führe etwa dazu, länger als geplant vor dem Bildschirm zu sitzen. Aus einer Folge am Abend werden so schnell zwei oder drei. „Wenn man aber zu einer bestimmten Zeit wieder aufsteht, weil man zum Beispiel zur Arbeit muss, führt das längere Aufbleiben am Abend natürlich zu Schlafmangel“, erläutert Blume.

Nicht nur auf die Länge, sondern auch auf die Qualität des Schlafes wirkt sich der abendliche Medienkonsum aus. Forscherinnen und Forscher von der Universität Freiburg konnten laut Blume etwa Hinweise darauf finden, dass das Gehirn nach Cliffhangern in der ersten Hälfte der Nacht aktiver war als bei Personen, die keine derartigen Serien konsumiert hatten. Der Schlaf war also weniger erholsam. Blume stellt jedoch klar: „Um genau zu belegen, wie sehr sich der Inhalt des abendlichen Medienkonsums auf die Schlafqualität auswirkt, sind noch einige weitere Untersuchungen nötig.“

Die Nacht wird zum Tag

Grundsätzlich hat sich der Mensch im natürlichen Wechsel von Tag und Nacht entwickelt. War früher noch die Sonne für den Schlafrhythmus ausschlaggebend, hat sich das im modernen Alltag komplett geändert. Künstliches Licht ist allgegenwärtig – laut Blume ist das aber ein großes Problem, denn eingeschaltete Bildschirme und Co. produzieren kurzwelliges Licht, oft auch Blaulicht genannt. „Das kurzwellige Licht lässt das Gehirn denken, dass es Tag ist und es wach sein sollte. Das ist natürlich am Abend eher ungünstig, wenn man einschlafen möchte“, erklärt die Schlafexpertin.

Schlechte Stimmung und gesundheitliche Probleme

Egal ob durch einen wenig erholsamen oder zu kurzen Schlaf – Schlafmangel wirkt sich auf mehrere Aspekte des Alltags negativ aus. Blume: „Schlaf hängt direkt mit Dingen wie beispielsweise der Stimmung von Personen zusammen. Wir wissen außerdem, dass sich eine Verschlechterung des Schlafes auf die Entwicklung von psychischen Erkrankungen auswirken kann, neben natürlich vielen anderen gesundheitlichen Problemen, die dadurch entstehen können.“

Schlafmangel verursacht laut der Schlafexpertin auch zusätzliche Kosten für den Staat. „Durch zu wenig Schlaf wird das Immunsystem geschwächt, Betroffene werden also öfter krank und müssen medizinisch behandelt werden“, so Blume. Auch Leistungseinbußen, zum Beispiel im Beruf, stehen im Zusammenhang mit zu wenig Schlaf.

Entspannen statt Mitfiebern

Laut Blume braucht jeder Mensch unterschiedlich viel Nachtruhe, generell wären aber sieben bis neun Stunden Schlaf am Tag empfohlen. Damit diese Stunden möglichst erholsam sind, schlägt die Schlafexpertin einen generellen Verzicht auf zu späten Medienkonsum vor. Stattdessen gäbe es zahlreiche Entspannungsübungen, die vor dem Schlafengehen gemacht werden können. Wenn man auf die Serie oder das Anschauen von Instagram-Beiträgen am Abend aber nicht verzichten möchte, wären auch ein Abdunkeln der Bildschirme und Filter für ihr kurzwelliges Licht Möglichkeiten, den Schlaf vieler Menschen zu verbessern.