Ein Vogel singt auf einem Ast im Gegenlicht.
APA/dpa/Frank Rumpenhorst
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Naturschutz

Vogelgezwitscher wird immer eintöniger

Die Artenvielfalt von Vögeln schwindet in vielen Ländern und damit auch die Vielfalt an Klängen. Laut einer neuen Studie ist das Vogelgezwitscher in den vergangenen 25 Jahren immer eintöniger und leiser geworden. Auch der Mensch leidet unter dem Verfall der natürlichen Klanglandschaften.

Das morgendliche Vogelgezwitscher gibt es zwar noch, so viele unterschiedliche Klänge wir früher hört man dabei aber nicht mehr. Das berichtet ein internationales Team von Forscherinnen und Forschern im Fachjournal „Nature“ . Darin untersuchten sie die natürlichen Klanglandschaften der Vögel an 200.000 Standorten in insgesamt 22 europäischen und nordamerikanischen Ländern – darunter auch Österreich.

Hilfe aus Bevölkerung unabdingbar

Der Vogelexperte Norbert Teufelbauer von BirdLife Österreich hat an der Studie mitgewirkt, in der das Team auf Daten aus sogenannten „Citizen Science“-Projekten zugegriffen hat. Diese umfassen etwa Vogelgesangsaufnahmen und Sichtungberichte von interessierten Personen. Die Daten aus Österreich stammen aus dem Brutvogel-Monitoring, bei dem BirdLife Österreich vogelkundige Bürgerinnen und Bürger dazu aufruft, die Bestände der heimischen Brutvögel zu überwachen.

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 3.11., 13:55 Uhr.

„Ohne die Mithilfe der Bevölkerung wären Studien zu den Veränderungen in Vogelpopulationen auf keinen Fall möglich", sagt Teufelbauer gegenüber science.ORF.at. "Hier würden sonst schon riesige Beträge nur für die Arbeitszeit anfallen, wenn es um die Beschaffung der Daten geht.“ Gerade im Bereich des Naturschutzes sei es aber äußerst schwierig, so viel Geld zur Verfügung zu haben, kritisiert der Vogelexperte.

Variantenreichtum nimmt ab

Die aus den „Citizen Science“-Projekten gesammelten Daten kombinierten die Forscherinnen und Forscher mit Aufnahmen der Plattform Xeno Canto, auf der Vogelstimmen aus der ganzen Welt geteilt werden. „Die Klangkulissen mussten dann künstlich rekonstruiert werden, weil es keine alten Aufnahmen des Gezwitschers gibt“, erklärt Teufelbauer. Mit den dabei erstellten Hörbeispielen konnte das Forscherteam die Vogelgesänge der vergangenen 25 Jahre an den jeweiligen Untersuchungsstandorten analysieren und miteinander vergleichen. Ergebnis: So gut wie an allen Standorten nahmen Lautstärke und Variantenreichtum des Gezwitschers mit der Zeit ab.

So hören sich die rekonstruierten Klangkulissen des internationalen Forscherteams an. Laien fällt wahrscheinlich kaum ein Unterschied auf, die Expertinnen und Experten konnten aber klare Veränderungen in der Lautstärke und Vielfalt des Gezwitschers feststellen.

Mensch: Verursacher und Leidtragender

Die genauen Ursachen für die Veränderungen in den Vogelpopulationen konnten in der Studie nicht bestimmt werden. Laut Teufelbauer spielt dabei aber der Mensch auf jeden Fall eine große Rolle. „Wir wissen zum Beispiel aus anderen Untersuchungen, dass Vögel in landwirtschaftlichen Gebieten oft mit großen Problemen konfrontiert sind, die Bestände abnehmen und sich die Zusammensetzung der dort heimischen Vogelpopulationen daher in den letzten Jahrzehnten stark verändert hat“, erklärt der Vogelexperte.

Der Verlust der natürlichen Klanglandschaften ist aber nicht nur für die Tiere schmerzlich, sondern auch für uns Menschen. Die natürlichen Geräusche seien nämlich wichtig, um mit der Natur in Verbindung zu bleiben – laut dem internationalen Forscherteam ein nicht zu vernachlässigender Aspekt, wenn es um die generelle Gesundheit und das Wohlbefinden von Menschen geht. „Es ist auch bewiesen, dass Vogelgezwitscher eine beruhigende Wirkung hat – je eintöniger die Geräusche werden, desto geringer sind auch die daraus entstehenden Eindrücke für uns Menschen“, erklärt Teufelbauer.

Forderung nach gezielten Schutzmaßnahmen

Für den Vogelexperten ist klar, dass dem Verfall der natürlichen Klanglandschaften entgegengewirkt werden muss. Er fordert daher gezieltere Maßnahmen, um die Vogelpopulationen zu schützen. „Schutzmaßnahmen wie etwa landwirtschaftliche Flächen, die nicht bewirtschaftet werden, oder auch Wiesen, die nicht öfter als zweimal im Jahr gemäht werden, würden den Vögeln bereits helfen“, erklärt der Experte. Klar sei aber auch, dass diese Maßnahmen teilweise mit finanziellen Verlusten von Landwirten einhergehen. Teufelbauer sieht daher die Politik in der Pflicht, mit entsprechenden Subventionen derartige Schutzmaßnahmen attraktiver zu machen.