Hornisse und Bienenwaben
Heather R Mattila
Heather R Mattila
Verhalten

Bienen warnen mit Pfeiftönen vor Hornissen

Ein Forscherteam hat zum ersten Mal dokumentiert, wie sich Honigbienen im Fall eines Angriffs auf ihr Nest verhalten. Dabei produzieren sie Pfeiftöne, die andere Artgenossen wahrscheinlich vor der drohenden Gefahr warnen sollen.

Die asiatische Riesenhornisse ist ein natürlicher Feind der östlichen Honigbiene. „Hornissen sind unerbittliche Jägerinnen und kommen vor allem im asiatischen Raum sehr oft in Kontakt mit Bienenvölkern“, erklärt die Biologin Heather Mattila vom US-amerikanischen Wellesley College gegenüber science.ORF.at. Die beflügelten Jägerinnen sind dabei auf der Suche nach Nahrung – kleinere Insekten wie etwa Bienen fallen in ihr Beuteschema.

Hornissen, die Bienenlarven aus Waben fressen
Heather R Mattila

Zusammen mit einem internationalen Team untersuchte Mattila, wie sich die Bienen verhalten, wenn eine Hornisse angreift. Dafür zeichneten die Forscherinnen und Forscher die Geräusche in vietnamesischen Bienenstöcken auf, die oft von den Jägerinnen attackiert werden. Rund 1.300 Minuten Audiomaterial wurden gesammelt. Daraus isolierte Mattila mit ihrem Team etwa 30.000 Signale, die von den Bienen produziert wurden. Das Ergebnis der Untersuchung wurde im Fachmagazin „Royal Society Open Science“ präsentiert.

Pfeiftöne als Warnsignale

„Bienen kommunizieren ständig miteinander“, erklärt Mattila. Trotzdem konnten die Forscherinnen und Forscher klare Unterschiede in der Geräuschkulisse erkennen – abhängig davon, ob die Bienen in Gefahr waren oder nicht. Waren die Bienen ohne eine Hornisse in der Nähe noch ruhig und gelassen, änderte sich das sobald eine der beflügelten Jägerinnen näher kam. Die Tiere produzierten dann unter anderem Zischlaute, die generelle Lautstärke der Tiere nahm zu. „Besonders auffallend war, dass die Tiere Pfeiftöne produziert haben, wenn sich eine Hornisse vor dem Eingang des Bienenstocks befand.“ Laut der Biologin konnten diese sogenannten Raubtier-Abwehr-Pfeiftöne im Rahmen der Studie erstmals dokumentiert und analysiert werden.

Video: Hornissen-Angriff auf Bienenstock

Die Pfeiftöne könnten laut den Forscherinnen und Forscher als Warnsignal für den restlichen Bienenstock dienen. „Die Töne sind laut, unregelmäßig und in schnellem Tempo. Vom Aufbau her ähneln sie den Alarm- oder Panikrufen von Primaten und Vögeln“, so Mattila.

Bienenball und Fäkalien-Abwehr

Die Arbeiterbienen in den untersuchten Bienenstöcken produzierten die auffallenden Pfeiftöne, sobald eine Hornisse in die Nähe des Nests kam. Sie legten auch ihre Pheromone produzierenden Nasonov-Drüsen frei. Über den Grund dafür könne man derzeit nur spekulieren, meint Mattila. Im Normalfall würde das Pheromon aber zurückkehrenden Sammlerbienen den Weg in die Kolonie zeigen. „Wir vermuten, dass es die Bienen im Fall eines Hornissenangriffs dazu veranlasst, sich in der Nähe von Nesteingängen zu versammeln, um den Stock zu verteidigen“, erklärt die Biologin.

Hornisse mit Bienenwabe
Heather R Mattila

Das Forscherteam analysierte außerdem anhand von Videoaufnahmen das Verhalten der Bienen im Ernstfall. Während die Arbeiterinnen die Pfeiftöne produzierten und ihre Nasonov-Drüsen freilegten, versammelten sich deren Artgenossinnen. Dabei gibt es mehrere Abwehrmechanismen der Bienen, die von den Forscherinnen und Forschern beobachtet werden konnten. „Sie wehren Hornissen zum Beispiel ab, indem sie die Nesteingänge mit Fäkalien beschmieren. Die Bienen können aber auch einzelne Feinde mit ihren Körpern umhüllen, bis diese einen Hitze- und Erstickungstod sterben. Sie machen sozusagen einen Bienenball zur Verteidigung des Volks“, erläutert die Biologin.

Zum Schutz der Bienen

Noch seien viele offene Fragen zu den Abwehrmechanismen der Bienen zu klären, erklärt Mattila. So sei etwa noch unklar, ob die Pfeiftöne der Bienen nur bei bestimmten Hornissenarten produziert werden. „In unseren Untersuchungen hat sich gezeigt, dass die Bienen in Vietnam nur auf die asiatische Riesenhornisse mit diesen Tönen reagiert haben. Wir wissen aber noch nicht, ob das an der Art des Feindes liegt oder an dessen Jagdverhalten“, erklärt die Biologin. Die asiatische Riesenhornisse neige nämlich eher dazu, direkt in das Nest der Bienen zu fliegen, während andere Hornissenarten das Volk zuerst aus der Ferne beobachten.

Ein genaueres Verständnis über die Abwehrmechanismen der Bienen könnte laut Mattila Bienenvölkern auf der ganzen Welt helfen. „Die meisten Hornissenarten sind in Asien beheimatet, immer wieder gelangen die Tiere aber auch durch den Handel und den Warentransport in andere Bereiche, in denen sie eigentlich nicht heimisch sind“, erklärt die Biologin. Es sei daher wichtig zu verstehen, wie sich die Bienenvölker vor den beflügelten Jägerinnenn schützen und welche Risiken das unbeabsichtigte Einführen von Hornissenarten auf Bienen hat, die es nicht gewohnt sind, mit ihnen fertig zu werden.