Eine müde Coronavirus-Patientin
AFP – PIERRE-PHILIPPE MARCOU
AFP – PIERRE-PHILIPPE MARCOU
Coronavirus

„Long-Covid“-Versorgung in Österreich ausbaufähig

Das „Long-Covid“-Management in Österreich könnte verbessert werden: Zu viele Überweisungen von einer Stelle an die nächste führen laut einer neuen Studie zu unnötigen Belastungen für Betroffene. Auch die Behandlung der Patientinnen und Patienten sei ausbaufähig.

Müdigkeit, Erschöpfung, Konzentrationsprobleme sind typische Symptome für „Long Covid“, eine Erkrankung nach der akuten Coronavirus-Infektion. Erste Anlaufstelle für die meisten Patientinnen und Patienten ist die Hausarztpraxis. Doch viele Betroffene berichten von einer regelrechten Odyssee, bei der sie von einer Stelle zur nächsten geschickt werden, sagt Studienleiterin und Gesundheitsökonomin Sarah Wolf vom Austrian Institute for Health Technology Assessment

Das führe zu zusätzlichen Problemen für die Patientinnen und Patienten: Es handelt sich um zeitliche, finanzielle aber auch um emotionale Belastungen. Die Studie kommt zum Schluss, dass beim Erstgespräch im niedergelassenen Bereich eine gute Kommunikation mit den Betroffenen sehr wichtig ist, um ihre Bedürfnisse genau identifizieren zu können.

Zu wenig Zeit und zu wenig Information

Doch die Praxis sieht oft anders aus, sagt Sarah Wolf – einerseits, weil viele Ärztinnen und Ärzte nicht genügend Zeit haben. Andererseits würden bei vielen Unsicherheiten in Bezug auf Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten bestehen. Diese Unsicherheiten beruhen zum einen auf der limitierten Datenlage, weil die Erkrankung noch so neu ist. Zum zweiten gebe es Unsicherheiten in Bezug auf die Diagnose.

Best Practice Modelle aus anderen Ländern

Das Studienteam empfiehlt deshalb, die Mediziner und Medizinerinnen besser zu informieren – wie das etwa in Deutschland der Fall ist. Hier sei beispielsweise geplant, dass eine Liste mit „Long-Covid“-Spezialistinnen und -Spezialisten erstellt wird. Diese Liste soll dann den Hausärztinnen und Hausärzten helfen, die Betroffenen im Bedarfsfall an die richtigen Spezialistinnen und Spezialisten weiter zu verweisen, sagt Sarah Wolf.

Für die Studie analysiert wurden auch die bereits bestehenden Versorgungsstrukturen für „Long-Covid“-Betroffene in Belgien, Großbritannien, Italien, Deutschland und in Österreich. Und hier gibt es eine eindeutige Nummer Eins, nämlich Großbritannien. Denn dort seien sehr schnell eigene Versorgungsstrukturen etabliert worden, außerdem habe man einen eigenen „Long-Covid“-Versorgungsplan entwickelt.

Während etwa in Österreich in Ambulanzen eine bestimmte Beratungszeit für „Long-Covid“-Betroffene reserviert wurde, bieten manche Stellen in Großbritannien auch Therapien an: Die zusätzlichen Wege, die etwa Betroffene in Österreich auf sich nehmen müssen, versucht man so zu vermeiden.

Beratung per Online-Chat und ohne Überforderung

Außerdem setzt Großbritannien sehr stark auf Selbstmanagement: So wurde ein eigenes Online-Programm für „Long-Covid“-Betroffene geschaffen, das ihnen helfen soll, selbst zu Hause an ihren Symptomen zu arbeiten. Das funktioniert per Chat, in dem man direkt Fragen an Gesundheitspersonal stellen kann. Für die Teilnahme an diesem Programm ist eine Überweisung notwendig. Fazit der Studie: All das sind gute Ansätze auch für die Behandlung in Österreich.

Wichtig wäre es auch herauszufinden, welche Therapien für „Long-Covid“-Patientinnen und -Patienten tatsächlich wirksam sind, sagt Studienleiterin Sarah Wolf. Ganz essenziell: Bei der Reha sei auch darauf zu achten, dass die Betroffenen nicht überfordert werden. Stattdessen sollte man versuchen, das sogenannte Pacing anzuwenden: langsame Leistungssteigerung, bei der immer wieder Pausen eingelegt werden.