Umfrage

Österreich – Land der Wissenschaftsskeptiker

Laut der aktuellen Eurobarometer-Umfrage ist das Vertrauen in die Wissenschaft ist hierzulande besonders gering. Die Wissenschaftsforscherin Ulrike Felt votiert für einen differenzierten Blick: Manche Skepsis sei unproblematisch – bei der Bildung gebe es Aufholbedarf.

Auf den ersten Blick ernüchternd, so lassen sich die Ergebnisse der aktuellen Eurobarometerumfrage zusammenfassen. Befragt nach der Rolle der Gentechnik in den nächsten 20 Jahren reagieren die Österreicher und Österreicherinnen mit deutlicher Skepsis, bloß 16 Prozent können sich vorstellen, dass Grundlagenforschung auf diesem Gebiet einen sehr positiven Effekt haben könnte – das ergibt in dieser Kategorie den letzten Platz unter den 27 EU-Ländern.

Geringes Vertrauen

Ähnlich sind die Resultate was die Wahrnehmung von Forschern und Forscherinnen betrifft: 29 Prozent glauben, dass Wissenschaftler nicht ehrlich sind, knapp ein Viertel ist unentschieden – skeptischer sind da EU-weit bloß die Deutschen, Österreich landet auf dem vorletzten Platz. Auch das Vertrauen in Wissenschaft ist in Österreich auffallend gering.

Ähnliche Ergebnisse hätten bereits frühere Umfragen gezeigt, sagt die Wissenschaftsforscherin Ulrike Felt von der Uni Wien – und betont: Bei der Interpretation sollte man sich die Details ansehen, manche Skepsis falle wohl auch in die Kategorie „nationale Identität“. „Zum Beispiel bewerten wir in Österreich Informations- und Kommunikationstechnologien überdurchschnittlich hoch. Und wir sind zum Beispiel besonders kritisch im Bereich der Kernenergie. Aber das sehen wir ja nicht problematisch als Österreicher, sondern wir sagen: Das ist so, wie wir in Österreich zur Kernenergie stehen.“

Das Klischeebild korrigieren

Was die generelle Wissenschaftsskespis betrifft, sieht Felt dennoch einigen Aufholbedarf. Sie würde an den Lehrplänen von Schulen und Universitäten ansetzen. Selbst an den Unis werde nämlich noch immer ein klischeehaftes Bild von Wissenschaft vermittelt. Auch deshalb, weil die fortschreitende Spezialisierung den Blick aufs große Ganze verstelle.

Eine Schlüsselrolle komme natürlich auch den Medien zu, Stichwort Wissenschaftsvermittlung. „Wenn uns Corona etwas gelehrt hat, dann dieses: Wir haben ein Bild der Wissenschaft, das nicht der Realität entspricht. Wissenschaft kann nicht liefern auf Abruf. Sie ist ein unsicheres Investment, das sich nur langfristig auszahlt. Und ich kann nicht erwarten, dass diese Art von Kurzfristigkeit, in der wir sonst denken, auch für Wissenschaft funktioniert.“ Aus dieser Perspektive resümiert Felt die letzten zwei Jahre der Pandemie positiv: Die Bevölkerung wurde nun erstmals mit der Unsicherheit der Forschung konfrontiert. „Und das sollte in Zukunft die neue Normalität sein.“