Fingerschnippende Hand
9nong/stock.adobe.com
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Physik

Fingerschnipsen – eine rekordverdächtige Drehung

Mit nur zwei Fingern lässt sich ein gut hörbares Geräusch erzeugen. Was physikalisch hinter der Klanggeste steckt, haben Forscher nun genauer untersucht: Die Drehbeschleunigung beim Fingerschnipsen ist höher als bei jeder anderen Bewegung des menschlichen Körpers.

Schon die alten Griechen schnipsten mit den Fingern, um im Takt zu bleiben. Flamencotänzer begleiten ihren Tanz mit rhythmischen Fingerschnipsen. Und in Filmen erzielt die kleine und oft etwas herablassende Geste mitunter große Wirkung, etwa im dritten Teil der „Avengers“, wo der Bösewicht Thanos mit einem einzigen Fingerschnipsen die Hälfte aller Lebewesen im gesamten Universum auslöscht. Auch das Forschungsteam um Raghav Acharya vom Georgia Institute of Technology war fasziniert von der einfachen, aber effektvollen Bewegung, bei der Mittelfinger und Daumen fest zusammengepresst werden. Wenn die Spannung gelöst wird, rutscht der Finger ab und erzeugt so ein gut hörbares Geräusch.

Bis jetzt habe noch keiner die Geste genauer analysiert, schreiben die Autoren in ihrer soeben im Fachmagazin „Journal of the Royal Society Interface“ erschienenen Studie (sobald online). Schon in früheren Arbeiten hat sich das Team mit effektvollen und ultraschnellen Bewegungen bei anderen lebenden Organismen beschäftigt, die auf einem ähnlichen Schnappmechanismus beruhen. Von einem besonders beeindruckendem Beispiel dieser Art haben etwa Forscher vor drei Jahren berichtet: Eine Ameise, die ihre Kauladen gegeneinander presst und so eine Art Federspannung erzeugt, die sich dann ruckartig entlädt. Dabei erreichen die Kieferscheren ein Tempo von 320 Kilometer pro Stunde.

Größte Beschleunigung

Im Rahmen der aktuellen Arbeit haben Acharya und Co. das menschliche Fingerschnipsen nun genauer untersucht, mittels High-Speed-Kamera, diversen Sensoren und Simulationen. Indem sie die Fingerspitzen mit verschiedenen Materialien bedeckten, wollten sie zudem genauer herausfinden, welche Rolle die Spannung zwischen Daumen und Mittelfinger spielt.

Mit dem bloßen Fingern wurden Drehgeschwindigkeiten von 7.800 Grad pro Sekunde erzielt. Das entspricht 1.300 Umdrehungen pro Minute. „Das Fingerschnipsen dauert nur sieben Millisekunden – das ist zwanzig Mal schneller als das Blinzeln eines Auges, das mehr als 150 Millisekunden dauert“, so Koautor Saad Bhamla in einer Aussendung.

Rekord bei Beschleunigung

Rekordverdächtige Werte konnte das Team bei der Beschleunigung messen, mit etwa 1,6 Millionen Grad pro Sekundenquadrat. Beim Tempo werden die Finger nach heutigem Wissensstand von einer einzigen anderen menschlichen Drehbewegung geschlagen, von den Armen eines professionellen Baseballspielers, während dieser einen Ball schlägt. Die Drehbeschleunigung der Finger sei aber die höchste je bei einer menschlichen Bewegung gemessene. Der Wert sei dreimal so hoch wie bei den Armen des Ballspielers.

Waren die Fingerspitzen mit verschiedenen Materialien – etwa mit Metall oder Gummi – bedeckt, nahmen die Geschwindigkeiten zum Teil drastisch ab. Offenbar muss die Spannung zwischen Daumen und Mittelfinger optimal sein. Sind Reibung und Kompressionsfähigkeit zu gering, kann nicht genug Spannung aufgebaut werden, ähnlich wie wenn die Hände frisch eingecremt sind. Zu viel Spannung ist laut den Studienautoren aber auch nicht gut. Dann wäre die Schnippgeschwindigkeit zu langsam.