Eine Krankenpflegerin aus Kenya zieht eine Spritze auf
AFP – BRIAN ONGORO
AFP – BRIAN ONGORO
Coronavirus

Beispiel Malawi: Die Folgen der Pandemie

In vielen afrikanischen Staaten liegt die Impfquote weit unter zehn Prozent. Das fördert auch die Entstehung neuer Coronavirus-Varianten wie aktuell von Omikron. Das Beispiel von Malawi zeigt, welche sozialen Probleme mit der Pandemie und ihrer Bekämpfung in Afrika einhergehen.

In Nigeria sind bisher nur 1,6 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft, in Kenia 4,8 Prozent und in Indien etwa 31 Prozent. Dass in ärmeren Ländern, vor allem auf dem afrikanischen Kontinent, überhaupt jemand geimpft ist, verdankt die Bevölkerung nicht selten der COVAX-Initiative. COVAX steht für „Covid-19 Vaccines Global Access“. Die Initiative wurde 2020 von der Weltgesundheitsorganisation WHO sowie der Europäischen Kommission und Frankreich ins Leben gerufen mit dem Ziel, dass reichere Länder den ärmeren Ländern Impfstoffe mitfinanzieren und einen gerechten Zugang für alle Länder gewährleisten.

Doch auch COVAX ist bisher weit hinter den ursprünglichen Zielen zurückgeblieben. Ende 2021 wollte COVAX etwa einen gleichberechtigten Zugang zu zwei Milliarden Dosen Impfstoff schaffen. Bis jetzt wurden allerdings erst rund 507 Millionen Impfdosen ausgeliefert – ein Viertel der gehofften Menge.

COVAX in Malawi

Ein Blick auf das afrikanische Land Malawi zeigt, wie sich das langsame Vorankommen der Impfprogramme auf die Gesellschaft auswirken kann. Die erste COVAX-Impflieferung kam im März dieses Jahres in Malawi an, erzählt Rudolf Schwenk, UNICEF-Beauftragter für Malawi. Malawi habe weder die Finanzen noch die Kapazität, Impfstoffe zu kaufen und ins Land zu bringen, berichtet er.

UNICEF, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, koordiniert gemeinsam mit der Weltgesundheitsorganisation WHO und lokalen Vertretern die Verteilung der Impfstoffe, die von der COVAX-Initiative bereitgestellt werden. Das Ziel von COVAX ist momentan, bis Jahresende 40 Prozent der Erwachsenen in den ärmeren Ländern mit Impfstoff zu versorgen. In Malawi und vielen anderen Ländern Afrikas, sieht die Realität allerdings anders aus.

Nur sechs Prozent vollständig geimpft

„Nach den ersten Lieferungen ist die Lieferkette durch den Ausfall von dem Hersteller in Indien erst einmal eingebrochen“, so Schwenk. Dadurch habe es im Juni und Juli keine Impfstoffe mehr gegeben, erst im August seien die Impfungen wieder angelaufen. Bis heute seien in Malawi nur sechs Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft, so Rudolf Schwenk.

Zu seinen Aufgaben gehört es auch, in entlegene Gebiete zu fahren, wo die Menschen kein Fernsehen und kein Radio, erst recht kein Internet besitzen. Gemeinsam mit lokalen Autoritäten, aber auch religiösen Vertretern versucht man, aufzuklären und vor allem auch die nötige Infrastruktur fürs Impfen bereitzustellen. COVAX habe erst kürzlich fünf Millionen Impfstoffe angeboten, diese können aber nur nach und nach geliefert werden, weil Malawi nicht die Möglichkeit habe, alles zu verimpfen, bevor die Haltbarkeit abläuft, erklärt er.

Schulschließungen fatal

Die Menschen in Malawi registrierten auch die Impfskepsis in Teilen der europäischen Bevölkerung, so Schwenk: „Das hat die Leute hier natürlich auch sehr verunsichert, also das hat uns nicht geholfen. Wir mussten dann weitere Aufklärungskampagnen aufziehen, um den Leuten zu erklären, dass es wirklich sicher ist, sich impfen zu lassen."

Mit Beginn der Pandemie wurden auch in Malawi Schulen geschlossen. Die tägliche Schulmahlzeit, und vor allem der „Schutzraum Schule“ fiel weg, erzählt Rudolf Schwenk: „Wir haben Tausende von zusätzlichen Schwangerschaften von Jugendlichen und Tausende von neuen Kinderehen gesehen. Das Risiko, dass vor allem die Mädchen nie wieder in die Schule zurückgehen, ist unheimlich hoch.“

Kritik an COVAX

Immer wieder kritisieren Expertinnen, dass COVAX unterdimensioniert sei und dass sich das Problem der ungerechten Verteilung mit den Booster-Impfungen noch verschärft habe (zum Beispiel hier). Außerdem zementiere es nur die Abhängigkeit des globalen Südens vom guten Willen der Industriemächte, kritisieren Organisationen wie die globalisierungskritische NGO Attac. Sie fordern, den Patentschutz in diesem globalen Notfall wenigstens vorübergehend auszusetzen.

Für Malawi hofft Rudolf Schwenk, die Durchimpfungsrate von momentan sechs Prozent demnächst auf bis zu 50 Prozent zu steigern. Die Lieferungen dafür seien jedenfalls schon zugesagt.

Malawi ist eines der Länder, die seit letzter Woche von Einreisebeschränkungen unter anderem nach Europa und die USA betroffen sind. Es gilt als Virusvariantengebiet der neuen Coronavirus-Variante Omikron. Das Österreichische Außenministerium führt Malawi allerdings nicht explizit an im Bezug auf Reisewarnungen und Einreiseverbote (Stand: 29.11.2021). Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft die neue Variante als besorgniserregend ein und fürchtet, dass sie ansteckender sein könnte als bisherige Varianten.