Rote Schleife mit Kerzen/Welt-Aids-Tag
AFP/DIPTENDU DUTTA
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Welt-Aids-Tag

Pandemie erschwert HIV-Bekämpfung in Afrika

Im südlichen Afrika leben weltweit die meisten HIV-infizierten Menschen. In den letzten Jahren hat sich die Situation verbessert, doch die Coronavirus-Pandemie wirft die Region zurück. Das zeigt das Beispiel Eswatini, wo Ärzte ohne Grenzen seit bald zwei Jahrzehnten tätig ist.

Weltweit sind rund 38 Millionen Menschen mit HIV infiziert. Zwei Drittel davon leben im südlichen Afrika, unter anderem im afrikanischen Eswatini, auch als Swasiland bekannt, ein Nachbarstaat von Südafrika. Das Land hat nur knapp über eine Million Einwohner. Davon tragen mehr als 200.000 Menschen das HI-Virus in sich, berichtet Bernhard Kerschberger, Einsatzleiter von Ärzte ohne Grenzen. Seit 2004 macht die Organisation hier Aufklärungsarbeit, verteilt Kondome und anfangs auch Medikamente. Heute kann jede HIV-infizierte Person in Swasiland vom Gesundheitssystem kostenlos versorgt werden, so Kerschberger.

Frühere Diagnose

Auch die Aufklärungsarbeit trage Erfolge – so sei etwa die Zahl der HIV-Neuinfektionen in den letzten vier Jahren um 50 Prozent gesunken. Die Menschen hätten auch in einem früheren Stadium HIV-Tests gemacht und seien dadurch effizienter behandelt worden.

2008 waren 80 Prozent der HIV-Patienten, die im Projekt von Ärzte ohne Grenzen begonnen haben, bereits in einem fortgeschrittenen Stadium der HIV-Erkrankung, sie hatten also bereits die Krankheit Aids. Heute sei es umgekehrt; weniger als 15 Prozent sei zu Beginn der Medikation bereits erkrankt. Das Immunsystem kann also stabilisiert werden, wenn es noch gut funktioniert.

Pandemie gefährdet Erfolge

Doch die CoV-Pandemie droht, diese Erfolge erst einmal zunichte zu machen. Bernhard Kerschberger beschreibt die Situation für HIV-Infizierte, die auf dem Land leben: „Wenn jemand mit HIV ein Medikament benötigt, kommt der ungefähr alle drei Monate in die Klinik, er oder sie bekommt das Medikament vor Ort. Jetzt mit dem Lockdown wurde es sehr schwierig, die Leute konnten teilweise keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr benutzen."

Straßenverkauf in Eswatini
AFP/MICHELE SPATARI
Straßenverkauf in Matsapha, Eswatini

Es habe massive Einschränkungen gegeben, die Verkehrsmittel durften nur mehr wenige Leute befördern, und bei Straßenkontrollen von der Polizei mussten die Menschen einen Grund angeben, warum sie unterwegs sind. HIV-Patienten wurden gezwungen, ihre HIV-Infektion bekanntzugeben, um zu beweisen, dass sie auch wirklich zum nächsten Gesundheitszentrum fahren.

Teenager-Schwangerschaften wegen Lockdown

Das und auch die Angst, sich eine CoV-Infektion einzufangen, habe die Menschen davon abgehalten, zu den Zentren zu fahren. Viele haben die Medikation unterbrochen, auch Kondome liegen im Gesundheitszentrum auf, sie blieben ungenutzt.

„Wir haben auch gesehen, dass mit dem Lockdown viele Kinder eben nicht mehr in die Schule gehen konnten, und dass die Teenagerschwangerschaften während des Lockdowns in Swasiland stark zugenommen haben. Also im Großen und Ganzen befürchten wir eben, dass sich die HIV-Neuinfektionen wieder erhöht haben“, so Kerschberger.

Neue Lebensgefahr durch Covid-19

Im gesamten südlichen und östlichen Afrika sind derzeit über 20 Millionen Menschen HIV-infiziert, doch fast überall war die Tendenz vor der Pandemie in den letzten Jahren eine positive: Die Leute bekamen früher Medikamente, der Ausbruch der Krankheit Aids konnte damit oft verhindert werden, das Immunsystem stabilisierte sich. Denn das hängt maßgeblich davon ab, wie früh sie mit der HIV-Therapie begonnen haben. Immungeschwächte Menschen sind wesentlich öfter von schweren Verläufen bei Covid-19 betroffen.

„Es gibt Menschen, die die HIV-Behandlung bekommen, aber deren Immunsystem trotzdem noch sehr geschwächt ist und wenn dann natürlich Corona noch dazukommt, kann das natürlich auch schlechte Folgen haben“, so Bernhard Kerschberger. Im südlichen Afrika haben bisher auch nur drei Prozent der Bevölkerung mindestens eine Impfung erhalten.

Mutationsgefahr steigt bei Immunschwäche

Vermutet wird, dass sich die neue CoV-Variante Omikron im Körper eines HIV-infizierten, immungeschwächten Menschen ausgebildet hat. Denn dort kann das Virus sich wochenlang ungestört vermehren und dabei eben auch Mutationen entwickeln.

In Österreich wurden laut der Aids Hilfe Wien 332 Menschen im Jahr 2020 mit HIV neu diagnostiziert. Diese Zahl ist etwas niedriger als in den Vorjahren, allerdings habe man durch die Pandemie deutlich weniger HIV-Tests durchgeführt, so die Aids-Hilfe Wien in einer Aussendung. Wichtig ist, dass HIV frühzeitig erkannt und therapiert wird.