Winkerfrosch in Schönbrunn
APA/DANIEL ZUPANC/Tiergarten Schönbrunn
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Verhalten

Winkerfrösche auf Testosteron winken bedrohlicher

Winkerfrösche leben in Borneo an Wasserfällen. Kommunikation mit Rufen ist in dieser lauten Umgebung kaum möglich. Sie signalisieren mit den Hinterbeinen – dem namensgebenden Winken – ihre Anwesenheit und Stärke. Eine Studie zeigt: Tiere mit höherem Testosteronspiegel winken bedrohlicher.

Der deutsche Neurophysiologe Jörg-Peter Ewert hatte bereits Anfang der 1980er Jahre mit Experimenten zur Gestaltwahrnehmung bei Kröten gezeigt, dass deren Welt von zwei Arten von bewegten Objekten dominiert wird: Beute oder Bedrohung. Ersteres sind Dinge, die sich entlang ihrer Längsachse fortbewegen, so wie ein am Boden kriechender Wurm – die Wissenschaft nennt es deshalb „Wurm-Signal“. Letzteres sind Dinge, die sich senkrecht zu ihrer Längsachse bewegen. Diese machen dem Tier Angst, es erstarrt oder flüchtet, also ein „Anti-Wurm-Signal“.

Offensichtlich nutzen manche Frösche mit ihrem Winken diese Gestaltwahrnehmung aus. Mit ihren Beinen führen sie eine Bewegung aus, die einem Anti-Wurm-Signal ähnelt und schrecken so Konkurrenten ab. Dazu strecken sie zunächst ein Hinterbein parallel zum Körper nach oben („Wurm-Signal“), senken es dann in gestrecktem Zustand nach unten („Anti-Wurm-Signal“) und führen es wieder zum Körper zurück. Damit das alles, aber speziell die „Anti-Wurm“-Bewegung, im unübersichtlichen Dschungel gut sichtbar ist, spreizt der Frosch während der Fußbewegung seine Zehen, wodurch die weiße Haut dazwischen aufleuchtet.

Hormongesteuertes Verhalten

Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Bewegung – im Gegensatz zu vielen anderen ähnlichen Verhalten – nicht Weibchen anlocken, sondern vielmehr männliche Konkurrenten abschrecken soll. Die Weibchen würden auf das Winken kaum reagieren und selbst wenn sich ein Männchen bereits mit einem Weibchen paart, führt es diese Fußbewegung aus, um Rivalen fernzuhalten, so die Zoologin Doris Preininger vom Tiergarten Schönbrunn.

Winkerfrösche in Schönbrunn
APA/RUPERT KAINRADL/Tiergarten Schönbrunn

Um den evolutionären Ursprung dieses Verhaltens zu ergründen, wurden bereits zahlreiche Studien darüber durchgeführt. Bereits vor einigen Jahren hat Preininger mit US-Kollegen gezeigt, dass das Winken durch körpereigene Sexual-Botenstoffe hormongesteuert ist. Winkerfrösche (Staurois parvus), die Testosteron erhielten, winkten mehr und in ihrer Beinmuskulatur kann aufgrund einer höheren Zahl entsprechender Rezeptoren auch mehr von diesem Sexualhormon gebunden werden.

Studie in Schönbrunn

In ihrer neuen Arbeit, die im Fachjournal „Proceedings B“ der Royal Society erschienen ist, zeigt das Forscherteam um Nigel Anderson und Matthew Fuxjager von der Brown University (USA), dem neben Preininger auch Martina Grabner von der Uni Wien angehörte, dass Testosteron nicht nur die Frequenz des Winkens erhöht, sondern auch das Signal verstärkt. „Testosteron lässt das Signal gefährlicher wirken, die Frösche spielen mit der Wahrnehmung der Artgenossen und nutzen das visuelle System ihrer männlichen Konkurrenten“, so Preininger.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben für ihre Arbeit einer Gruppe von Winkerfröschen im Tiergarten Schönbrunn, wo 2011 die weltweit erste Nachzucht dieser Tiere gelang, Testosteron verabreicht, eine Kontrollgruppe bekam Kochsalzlösung. Dann wurden die so behandelten Tiere einzeln in eine durchsichtige Box in einem größeren Terrarium voll mit Winkerfröschen gesetzt und gefilmt. „Wir haben diese Beinbewegung in Slow-Motion-Aufnahmen in ihre unterschiedlichen Komponenten aufgedröselt“, erklärte die Zoologin.

Es zeigte sich, dass die nur zwei Zentimeter großen Tiere nach einer Testosteron-Gabe mit ihren Beinen eine deutlich rundere Bewegung ausführen als unbehandelte Tiere. Entsprechend größer wurde damit der Kreis, den der Fuß dann beim Absenken beschreibt, also beim Anti-Wurm Signal, und umso bedrohlicher wirkt die Geste auf die Konkurrenten.

In weiteren Studien wollen die Forscher die Reaktion der anderen Frösche auf das Winken untersuchen, speziell auch der Weibchen. Sie interessieren sich dabei auch ganz grundlegend für die Sehschärfe der Tiere, auch gekoppelt mit ihrer Bewegungswahrnehmung.