An undated handout photo released by Sotheby’s auction house in London on June 8, 2020, shows ‚Self-portrait, wearing a ruff and black hat‘, one of the Last Self-Portraits by Rembrandt left in private hands. It is expected to fetch up to £12-16 million ($15-20 million, 13-18 million euros), Sotheby’s auction house said. – ‚Self-portrait, wearing a ruff and black hat‘ is one of only three painted self-portraits by the artist remaining in private hands, and is set to lead Sotheby’s pioneering cross-category evening sale in London on 28th July (Photo by STRINGER / SOTHEBY’S / AFP)
AFP/Stringer/SOTHEBY’S
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Datierung

Farbe verrät Alter von klassischen Gemälden

Das Alter von Gemälden ist manchmal schwer zu bestimmen, wenn es sich nicht gerade um bekannte Werke berühmte Künstler handelt. Die verwendeten Farben liefern aber Hinweise auf das ungefähre Entstehungsdatum, wie ein Forscherteam berichtet. Außerdem ermögliche die Farbanalyse Rückschlüsse auf historische Ereignisse.

Das sogenannte Bleiweiß ist eine der meistgenutzten weißen Pigment-Farben in klassischen europäischen Gemälden. Künstler verwendeten es vor allem in der Öltechnik bis zum Jahr 1835 fast ausschließlich für Weißtöne. Heute ist der Einsatz von Bleiweiß verboten – durch das Blei ist die Farbe giftig. Zur Anwendung kommt es derzeit nur noch bei Restaurationsarbeiten.

Das früher sehr verbreitete Farbpigment nahm nun ein Team um Paolo D’Imporzano von der Universität von Amsterdam näher unter die Lupe. Das Ergebnis ihrer Untersuchung präsentieren die Forscherinnen und Forscher aktuell im Fachjournal „Science Advances“.

Unterschiedlich viele Blei-Ionen

Im Rahmen der Studie untersuchte das Team die Zusammensetzung von Bleiweiß in 77 niederländischen Gemälden. Dabei konnten sie kleine Unterschiede in dem Farbpigment nachweisen – etwa bei den darin enthaltenen Blei-Isotopen.

Eine solche Isotopen-Analyse in Farbpigmenten ist keine Neuheit. Schon seit Jahrzehnten kommt sie zum Einsatz, um zum Beispiel Unterschiede zwischen Bleiweiß aus dem Norden und Süden Europas festzustellen und Gemälde so besser einem Entstehungsort zuzuordnen. „Mit dem Fortschritt der Technik können wir die Zusammensetzung der Farbpigmente jetzt aber noch genauer im Labor bestimmen und das anhand kleinerer Proben“, erklärt D’Imporzano gegenüber dem ORF.

Bei den untersuchten niederländischen Werken – gemalt von 27 bekannten Künstlern, darunter etwa Rembrandt – war das Entstehungsdatum bereits bekannt. Das Forscherteam konnte die unterschiedlichen Arten von Bleiweiß so in Zusammenhang mit historischen Ereignissen zwischen 1588 und 1700 bringen – dem Zeitraum, in dem alle untersuchten Gemälde entstanden sind. „Wir wollten so eine Datenbank schaffen, in der aufgezeigt wird, wann welche Art von Bleiweiß in den Niederlanden verwendet wurde“, erklärt D’Imporzano.

Veränderte Farbzusammensetzung nach Unruhen

Das Forscherteam stellte im Rahmen der Analyse fest, dass das in den niederländischen Gemälden verwendete Bleiweiß von 1588 bis circa 1642 eine fast gleichbleibenden Zusammensetzung an Blei-Isotopen aufweist. Die Niederlande galten damals als einer der Hauptproduzenten des beliebten Farbpigments, das benötigte Blei kam jedoch aus dem Ausland. „Wir wissen heute, dass das in den Niederlanden produzierte Bleiweiß hauptsächlich mit Blei aus England hergestellt wurde“, so der Erstautor der Studie. Bis 1642 gab es dabei kaum Unterbrechungen, die Zusammensetzung von niederländischem Bleiweiß blieb also über mehrere Jahrzehnte relativ konstant.

In Gemälden, die zwischen 1642 und 1647 gemalt wurden, wiesen die Forscherinnen und Forscher hingegen andere Isotopen in den Farbpigmenten nach. Zu dieser Veränderung kam es laut dem Forscherteam in der Zeit, als der Bürgerkrieg in England (1642 bis 1649) wütete und der achtzigjährige Krieg in Europa (1568 bis 1648) zu Ende ging. „Wir gehen davon aus, dass sich der Handel mit Blei durch die damaligen Ereignisse in Europa stark verändert hat und das Material aus anderen Abbaugebieten als zuvor in die Niederlande importiert wurde“, erläutert D’Imporzano, der ergänzt: „Das Blei ist damals wahrscheinlich immer noch aus England gekommen, aber eventuell aus anderen Minen. Auch das führt zu einem Unterschied bei den Blei-Isotopen in der Farbe.“

Zwischen 1648 und 1680 fanden die Forscherinnen und Forscher größere Schwankungen bei den Blei-Isotopen im Bleiweiß – laut dem Team wahrscheinlich eine Folge wachsender Unruhen und Auseinandersetzungen in Europa in dieser Periode.

Datenbank soll ausgebaut werden

„Derzeit können wir noch nicht genau bestimmen, ob zum Beispiel tatsächlich der Bürgerkrieg in England für die veränderte Zusammensetzung von Bleiweiß verantwortlich war, oder ob es sich dabei nur um einen zufälligen Zusammenhang handelt – die Annahme liegt aber nahe, weil die Unterschiede in den Farbpigmenten mit den historischen Ereignissen zeitlich übereinstimmen“, erklärt D’Imporzano. Weitere Untersuchungen seien demnach nötig, um den Zusammenhang tatsächlich wissenschaftlich zu belegen.

Mit der Datenbank des Forscherteams sei es nun aber möglich, Gemälde niederländischer Künstler besser einem Entstehungsdatum zuzuordnen – vorerst aber nur, sofern das Werk im 17. Jahrhundert gemalt wurde. D’Imporzano möchte sich auch weiterhin mit der Analyse von Bleiweiß auseinandersetzen. Er erklärt: „In Zukunft möchte ich zum Beispiel noch mehr Daten auch aus anderen Ländern sammeln und die Datenbank zur Zusammensetzung von Bleiweiß so weiter ausbauen.“ Neben niederländischen Werken könnte so künftig auch das Entstehungsdatum von Gemälden anderer europäischer Künstler genauer bestimmt werden, ist sich D’Imporzano sicher.