Coronavirus-Teilchen unter dem Mikroskop
APA/AFP/National Institute of Allergy and Infectious Diseases/National Institutes of Health
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Coronavirus-Evolution

Warum sich manche Varianten durchsetzen

Bisher gibt es fünf Coronavirus-Varianten, die von der Weltgesundheitsbehörde (WHO) das Prädikat „besorgniserregend“ bekommen haben. Der letzte Zugang auf der Liste war Omikron. Nicht alle dieser Varianten haben sich jedoch überall in der Welt gleichermaßen verbreitet – und das hat viel mit dem unterschiedlichen Immunprofil von Bevölkerungen zu tun.

Anfang des Jahres rollte die Alpha-Welle über Westeuropa. Kurz darauf erreichte sie auch Österreich und trieb die Infektionszahlen in die Höhe. Beinahe zeitgleich tauchte hierzulande mit Beta eine weitere als besorgniserregend eingestufte Variante auf. Sie dominierte bereits das Infektionsgeschehen im Süden Afrikas. In Europa konnte sie sich letztlich aber nicht durchsetzen.

Auch als sich in Südamerika viele Menschen mit der dort dominanten Gamma-Variante infizieren, schrillten in Europa die Alarmglocken. Doch auch diese Variante tauchte nur vereinzelt auf. Auf der anderen Seite verbreitete sich Alpha in Brasilien und anderen südamerikanischen Ländern kaum.

Immunologisches Profil

Wie es zu diesen Unterschieden kommt? Eine mögliche Erklärung liefert der Bioinformatiker und Virenforscher Richard Neher, Leiter der Forschungsgruppe Evolution von Viren und Bakterien der Universität Basel. „Ob sich eine Variante durchsetzt oder nicht, hat mit dem immunologischen Profil der Bevölkerung zu tun.“ Also damit, ob es die Variante mit einer großteils naiven Bevölkerung zu tun hat, in der noch wenige Kontakt mit dem Virus hatten, oder mit einer, wo viele Menschen eine Immunabwehr vorweisen.

Hinweise

Auf CoVariants.org wird die Verbreitung der einzelnen Varianten Land für Land grafisch aufbereitet.

Letzteres ist etwa in Ländern wie Brasilien der Fall. Hier infizierten sich während der ersten Welle viele Menschen in der Bevölkerung. „Vor diesem Hintergrund haben Varianten wie Gamma, die zu einem größeren Teil eine existierende Immunantwort unterlaufen können, einen Vorteil.“

Umgekehrt breitet sich in Europa mit Alpha eine Variante aus, die sich vor allem dadurch auszeichnet, dass sie leichter von Mensch zu Mensch übertragen wird. Ein entscheidender Vorteil in einer weitgehend naiven Bevölkerung. Die Beta-Variante, die diese Eigenschaft nicht hat, konnte hier nicht mithalten.

Wer zuerst kommt, mahlt zuerst?

Dass es Alpha später z.B. nicht schaffte, Gamma in Südamerika zu verdrängen und umgekehrt, lässt sich weiter mit den sogenannten Gründereffekten erklären. „Das heißt, die Variante, die zuerst auf fruchtbaren Boden fällt und sich ausbreiten kann, hat natürlich dann im Folgenden einfach zahlenmäßig einen Vorteil gegenüber einer Variante, die von außen erst eingetragen werden muss.“

Oder anders ausgedrückt: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Das funktioniert aber nur, solange keine erheblich stärkere Variante auftaucht. Im Fall von SARS-CoV-2 hat das Virus mit Delta dieses neue Niveau erreicht.

Delta global, Omikron noch unklar

Während sich die Vorteile bei Alpha, Beta und Gamma „in etwa die Waage halten“, so Neher, hat das Virus mit Delta bisher seinen Trumpf gezogen. Nicht nur ist Delta noch einmal erheblich ansteckender als Alpha, sie scheint auch die Immunantwort teilweise zumindest umgehen zu können. „Delta ist die erste Variante, die sich wirklich global ausbreitet und alle anderen Varianten verdrängt.“

Wie Omikron hier einzuordnen ist und ob es die derzeit dominierende Variante Delta verdrängen wird, kann aktuell noch nicht gesagt werden. „Die Fallzahlen im südlichen Afrika gehen stark nach oben, getrieben durch diese Variante. Da gibt es viele Gründe zur Sorge. Gleichzeitig allerdings gibt es noch wenig wirklich harte Information.“