Menschen in der Londoner Oxford Street, teils mit Nasen-Mund-Schutz
APA/AFP/Daniel LEAL
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Coronavirus

Rasante Ausbreitung: Omikron verdrängt Delta

Seit der Entdeckung der neuen CoV-Variante Omikron sind die Augen der Forschergemeinschaft auf Südafrika gerichtet. Dort breitet sich das Virus rasant aus. Einigermaßen gesichert ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt: Omikron dürfte noch deutlich ansteckender sein als Delta.

Noch gibt es viele Fragezeichen, doch einige Trends scheinen sich seit letzter Woche zu verfestigen. Da sind zum einen die 50 Mutationen, die Omikron in seinem Erbgut angesammelt hat, 30 davon allein im sogenannten Spike-Protein. Die dürften dem Virus die Fähigkeit geben, dem Immunschutz auszuweichen, womit einerseits Neuinfektionen wahrscheinlicher werden. Zum zweiten ist das auch für die Antikörpertherapien im Krankenhaus keine gute Nachricht, weil die Antikörper offenbar schlechter an das Virus binden können.

43 Prozent in Dänemark

Was noch auffällt, ist die Wachstumsdynamik, die Kurven zeigen mittlerweile in vielen Provinzen Südafrikas steil nach oben. Und nicht nur dort, wie Ulrich Elling vom Institut für Molekulare Biotechnologie der Akademie der Wissenschaften betont: „Großbritannien hat mittlerweile über 300 Fälle, Dänemark 250. Omikron breitet sich auch in Ländern aus, wo bereits viel geimpft wurde.“ Laut Daten des dänischen Gesundheitsdienstes liegt der Anteil von Omikron bei den neu untersuchten Proben bei 43 Prozent.

Anhand der bisherigen Befunde kann man also mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass Omikron nochmals deutlich ansteckender ist als die bisher dominante Delta-Variante und diese nun zu verdrängen beginnt. Elling sieht für Österreich im Jänner oder Februar eine fünfte Welle auf uns zukommen, ungeklärt ist allerdings, was das für die Krankheitsverläufe bedeutet.

Milde Verläufe?

„Was sich immer mehr andeutet – und was immer mehr Ärzte aus Südafrika berichten, ist, dass die Erkrankung deutlich milder verläuft und dass wesentlich weniger Leute beatmet werden müssen“, sagt Elling. Was prinzipiell ein positives Signal wäre. Doch Elling warnt davor, dies überzubewerten: Noch gebe es in Südafrika zu wenige verlässliche Daten über Hospitaliserungen. Nachdem sich schwere Erkrankungen erst nach einigen Wochen zeigen, sei es sehr gut möglich, dass auch hier die Fälle noch ansteigen werden.

PCR-Teststation: Gesundheitpersonal in Schutzkleidung, Menschen warten im Freien, auf Stühlen sitzend
APA/AFP/EMMANUEL CROSET
PCR-Teststation in Johannesburg, Südafrika

Was die bislang relativ milden Krankheitsverläufe angeht, gibt es derzeit unterschiedliche Deutungsmöglichkeiten. Möglicherweise liegt es daran, dass die Infizierten in Südafrika nun deutlich jünger sind als bei vorangegangenen Wellen. Oder auch daran, dass diese schon genesen waren und bereits zum zweiten oder dritten Mal an Covid erkrankt sind. Dritte Möglichkeit: Vielleicht führt die Omikron-Variante tatsächlich zu harmloseren Verläufen. „Darauf hoffen wir“, sagt Elling.

Vergleich mit Österreich schwierig

Schlüsse auf Österreich zu ziehen ist jedenfalls mit einigen Unsicherheiten behaftet, da die Bevölkerung Südafrikas deutlich jünger ist als hierzulande. Außerdem gibt es dort sehr wenige Geimpfte, dafür aber sehr viele Genesene.

So wie sich das Bild derzeit darstellt, könnten die Impfungen zwar vor schweren Erkrankungen schützen, nicht aber vor Infektionen per se. Ob das tatsächlich so ist, müssen nun unter anderem Laboruntersuchungen zeigen. Forscherteams in Südafrika und Europa haben die Viren bereits angezüchtet, um die Reaktion von Antikörpern genauer unter die Lupe nehmen zu können. Im Fall einer sehr schlechten Bindungsfähigkeit erwägen die Gesundheitsbehörden jedenfalls eine Anpassung der Impfstoffe. Diese könnten in drei bis vier Monaten zur Verfügung stehen.

Berichte über viele Kinder, die in Südafrika erkrankt sind, sollte man vorsichtig interpretieren, sagt Elling. Südafrika befinde sich derzeit in einer Grippewelle, das könnte die Daten stark verzerrt haben.