Fotovoltaikanlage in Wien-Unterlaa
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Neues Labor in Wien prüft Gleichstromtechnik

Die Energiewende bringt neue Herausforderungen mit sich. Erneuerbare Energien erzeugen vorwiegend Gleichstrom, ein neues Labor des Austrian Institute of Technology in Wien widmet sich deshalb der Gleichstromtechnik – und untersucht etwa, wie man Elektroautos sicherer machen kann.

Wechselstrom war lange Zeit weltweit die wichtigste Stromart, doch mit der Energiewende ändert sich das gerade. Photovoltaikanlagen erzeugen Gleichstrom, Elektroautos und Datencenter wiederum basieren auf Gleichstrom. Doch der Gleichstrom hat seine Tücken, wenn es etwa zu Kurzschlüssen kommt. Solchen und anderen Problemen widmet sich das neue DC-Labor im Austrian Center of Technology (AIT).

Eine klassische Aufgabe, wo Hochleistungsgleichstrom zum Einsatz komme, sei beim Schnelladen von Elektrofahrzeugen, erklärt Friederich Kupzog vom AIT. Dort sei es heute üblich, dass man sich an ein Niederspannungsnetz, also an die 400 Volt Ebene, anschließt, und dann mit einem AC-DC Konverter das Auto mit Strom versorgt.

Historischer Stromkrieg geht in neue Runde

AC (alternating current) steht dabei für Wechselstrom, DC (direct current) für Gleichstrom. Beide Stromarten existieren nebeneinander. In einem historischen Wettkampf, dem sogenannten Stromkrieg um 1890, gewann der Wechselstrom einst die Vorherrschaft gegen den Gleichstrom. Thomas Edison, auch bekannt als Erfinder der Glühbirne, propagierte den Gleichstrom.

Sein Kontrahent Nikola Tesla kämpfte für den Wechselstrom. Edison baute im Jahr 1882 das erste Kraftwerk mit angeschlossenem Gleichstromnetz in New York. Doch die Reichweite blieb gering und schließlich gelang es Nikola Tesla, den Wechselstrom als „Strom für alle“, nicht nur in den Großstädten, zu etablieren und schaffte die Voraussetzung für eine große Reichweite und damit eine flächendeckende Elektrifizierung.

Wechselstrom setzte sich langfristig durch und fließt heute weltweit durch die meisten Stromnetze. Sein Vorteil: Er kann gut über Knotenpunkte verteilt und seine Spannung leicht rauf- und wieder heruntergefahren werden. Während sich Gleichstrom gut eignet, um Strom mit wenig Verlusten über lange Strecken zu befördern, ist Wechselstrom besser darin, den Strom über verzweigte Netzwerke und Knotenpunkte zu verteilen.

Schaltgerüst des DC-Labs
AiT/krischanz
Gleichstrom-Schaltgerüst im Labor: oben vier Transformatoren, unten die Gleichrichter, die aus Wechselstrom Gleichstrom erzeugen

Erneuerbare Energieträger erzeugen Gleichstrom

Doch die Energiewende bringt diesen Stromwettkampf nun in einen neue Runde: Solaranlagen produzieren Gleichstrom, immer mehr Windkraftanlagen ebenfalls. Der muss dann in Wechselstrom umgewandelt und über das Netz in die Haushalte gespeist werden. Gleichzeitig brauchen aber viele Geräte heute ebenfalls Gleichstrom, wie etwa Handys oder eben das E-Auto. Sie wandeln mit einem Transformator den Wechselstrom aus der Steckdose wieder in Gleichstrom um.

Ein Prozedere, das vielleicht vereinfacht werden könnte, meint Georg Brauner vom AIT, der gemeinsam mit Friederich Kupzog für das neue Gleichstromlabor verantwortlich ist: „Es ist vielleicht in bestimmten Kombinationen – zum Beispiel von Photovoltaikspeicher und der Ladestelle für Elektrofahrzeuge – effizienter, gleich auf Gleichstrom zu bleiben. Dafür braucht es neue Komponenten, die wir in unserem Labor dann testen können."

Herausforderung Elektrofahrzeuge

Gleichstrom lässt sich nur schwer abschalten und das kann etwa beim Elektroauto gefährlich werden, erklärt Georg Brauner: „Man muss ihn künstlich runterbremsen. Dieses künstliche Runterbremsen bedeutet, dass im Schalter selbst, der diese Bremsung quasi durchführt, ein extrem hoher Energieumsatz stattfinden muss. Der Schalter muss gegen diesen Druck ankämpfen – und das bedeutet, dass er wahnsinnig heiß wird.“

Dann kann es heftige Explosionen geben. Die Kunst des Gleichstrom-Abschaltens muss also noch weiter erforscht werden. Im Gleichstromlabor wird das Testsystem dazu auf eine sehr hohe Gleichstromleistung gebracht – von bis zu 75 Megawatt und 80 Kiloampere. Die Anfragen für Tests kommen zu drei Viertel aus dem Ausland, so Georg Brauner. Das DC-Labor sei bisher einzigartig, weltweit gebe es wenig Vorbilder für eine solche Prüfinfrastruktur für den Gleichstrombereich.

Großteils internationale Kundschaft

Getestet werden beispielsweise Schaltanlagen für Bahn-Stromanwendungen, also Straßenbahnen, U-Bahnen, insbesondere auch Schaltgeräte für Elektroautos, weil die Batterien im Fall eines Kurzschlusses, etwa bei einem Unfall, gigantische Leistungen aufbringen können. „Die Herausforderung besteht darin, sie rechtzeitig abzudrehen, bevor die Batterie nämlich ihrerseits explodiert“, so Brauner.

In Anbetracht der Situation, dass erneuerbare Energien großteils Gleichstrom erzeugen und zugleich auch immer mehr Geräte Gleichstrom benötigen, stellt sich die Frage, ob in Zukunft das gesamte Netz oder zumindest ein größerer Teil auf Gleichstrom ausgerichtet werden sollte. Auch das wird im Gleichstromlabor erforscht.