Künstlerische Darstellung von Viren
Feydzhet Shabanov – stock.adobe.com
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Virusinfektionen

Europäische Abstammung hilft bei Grippe

Wie das Immunsystem auf Grippeviren reagiert, hängt laut einer Studie zumindest teilweise mit der genetischen Abstammung zusammen: Personen mit europäischen Vorfahren werden meist besser mit einer Influenzainfektion fertig als Menschen mit afrikanischer Abstammung. Auch für Covid-19 seien die Erkenntnisse relevant.

Noch bevor die Welt durch den technischen Fortschritt immer weiter vernetzt wurde, traten Viren meist nur auf einzelne Regionen beschränkt auf und infizierten so verschiedene Bevölkerungsgruppen unterschiedlich oft. Laut der Doktoratsstudentin Haley Randolph von der Universität von Chicago hat das im Laufe der Zeit dazu geführt, dass das Immunsystem von Personen verschiedener Herkunft auch unterschiedlich auf Viren reagiert.

Gegenüber dem ORF erklärt sie: „Diese Unterschiede sind schon vor langer Zeit entstanden und wurden bis heute über Generationen hinweg vererbt.“ Zusammen mit einem US-amerikanischen Forscherteam hat die Doktorandin daher untersucht, welche Körperzellen dafür verantwortlich sind, dass manche nur leichte Grippesymptome verspüren, während andere bereits krank im Bett liegen. Das Ergebnis der Untersuchung wurde im Fachjournal „Science“ veröffentlicht.

Blutproben mit Grippeviren infiziert

Die Forscherinnen und Forscher sammelten sogenannte periphere mononukleäre Blutzellen von insgesamt 90 Personen europäischer oder afrikanischer Abstammung. Dabei handelt es sich um einkernige Zellen im Blut, die wichtig für die Immunreaktion bei einer Virusbelastung sind. Das Forscherteam infizierte die gesammelten Proben anschließend im Labor mit Influenzaviren.

Dabei konnte Randolph mit ihrem Team feststellen, dass Proben von Personen europäischer Abstammung bereits kurz nach der Infektion eine stärkere Interferon-Antwort aufgewiesen haben. Interferone sind körpereigene Proteine, die eine antivirale Wirkung haben. Die Influenzaviren konnten sich damit in den Proben von Personen europäischer Abstammung schon von Beginn der Infektion an schlechter vermehren. „Im weiteren Krankheitsverlauf führt das natürlich dazu, dass die Virusbelastung generell weniger stark ist und die Infektion eventuell schneller besiegt werden kann. Auch die Krankheitsverläufe fallen bei einer stärkeren Interferon-Antwort in der Regel milder aus“, so Randolph.

Die Interferon-Antwort schwankte zwischen Personen verschiedener genetischer Abstammung am stärksten, doch auch andere Zelltypen reagierten unterschiedlich auf die Influenzaviren im Labor. Laut dem Forscherteam ein Beweis dafür, dass die Interferon-Antwort nicht allein dafür verantwortlich ist, wie gut man mit Viren fertig wird, sondern dass mehrere Zelltypen zusammen gegen die Belastung des Körpers ankämpfen.

Rückschlüsse auf Covid-19 möglich

„Zu Influenzaviren gibt es einfach bereits sehr viele Daten und wir wissen, dass die Grippe früher verschiedene Bevölkerungsgruppen unterschiedlich stark betroffen hat“, erklärt die Doktoratsstudentin. Daher habe man sich in der aktuellen Studie auf Influenzaviren konzentriert.

Die Ergebnisse der Untersuchung würden sich aber zum Teil auch auf andere Viren übertragen lassen. Aktuelle Relevanz habe die Studie vor allem auch deshalb, weil die Interferon-Antwort bereits mit der Stärke von Krankheitsverläufen bei Covid-19 in Zusammenhang gebracht wurde.

Lebensstil spielt auch eine Rolle

„Es wäre aber ein Fehler zu sagen, dass Personen nur aufgrund ihrer Abstammung stärker oder weniger stark an Viren erkranken können“, stellt Randolph klar und ergänzt: „Umweltfaktoren und der Lebensstil der Personen können sich ebenfalls darauf auswirken, wie das Immunsystem auf Virus-Infektionen reagiert.“

Um alle ausschlaggebenden Faktoren für die unterschiedlichen Immunreaktionen genauer bestimmen zu können, müssten daher noch weitere Untersuchungen geführt werden. In Zukunft könne man so aber eventuell das Gesundheitsrisiko, das von verschiedenen Viren ausgeht, für einzelne Personen individuell vorhersagen und möglichen schweren Krankheitsverläufen schon vorab entgegenwirken.