Oberfläche eines Smartphones mit Logos von Instagram, Twitter, Facebook (Soziale Medien)
AFP/DENIS CHARLET
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Beschleunigung

Omikron: Alle schauen auf Twitter

Die Abläufe des Publikationswesens haben sich durch die Pandemie enorm beschleunigt. Die Omikron-Variante scheint diesen Trend noch einmal zu verstärken. Bevorzugter Ausspielkanal der Wissenschaft: Twitter.

Vor etwa drei Wochen wurde Omikron in Südafrika entdeckt, seitdem überschlagen sich die Ereignisse. Die neue Virusvariante breitet sich mittlerweile auch in Europa aus, mit Verdoppelungszeiten von zwei bis drei Tagen. Fachleute gehen davon aus, dass sie Anfang Jänner auch in Österreich zur dominanten Variante wird – und dort wohl auch zu einer neuen Erkrankungswelle führen dürfte.

Studien als Kurznachricht

Was dieser Tage noch zu beobachten ist: Die wichtigsten Studienergebnisse werden nun häufig auf kurzem Weg in den sozialen Medien veröffentlicht, vor allem Twitter hat sich als Ausspielkanal für die ultraschnelle Kommunikation etabliert. Beispiel dafür sind etwa die Arbeitsgruppen um die Virologinnen Sandra Ciesek und Janine Kimpel in Frankfurt und Innsbruck, die zunächst per Kurznachrichtendienst über die herabgesetzte Wirksamkeit von Antikörpern gegenüber Omikron informierten – als dann auch die entsprechenden Studien öffentlich gemacht wurden, hatten sich die Nachrichten längst in der Twitter- und Blogosphäre verbreitet.

Andreas Bergthaler vom Centrum für Molekulare Medizin in Wien hält das grundsätzlich für eine gute Sache. Wenn die Vermehrung der neuen Mutante hohes Tempo gehe, müsse sich die Wissenschaft eben anpassen. „Natürlich könnte man sagen: Ich warte jetzt mal sechs Monate, bis feststeht, was Omikron macht. Aber die Zeit haben wir nicht.“

Omikron hat also einen Trend verstärkt, der bereits in den letzten zwei Jahren zu erkennen war. Früher hat es für die Veröffentlichung von Studien gut und gerne ein oder zwei Jahre gedauert. Im Laufe der Pandemie hat sich das alles von den Fachjournalen zu den sogenannten Preprintservern im Internet verschoben, wo die Studien vor der Begutachtung quasi öffentlich geparkt wurden. Und nun verschiebt sich das Ganze noch einmal in Richtung Twitter – die Wissenschaft ist im Modus der Kurznachricht angekommen.

Behörden kommunizieren noch gemächlich

Ob die Behörden und nicht zuletzt auch die politischen Entscheidungsträger mit diesem Tempo der Kommunikation mithalten können, ist freilich eine andere Frage.

Wer etwa auf den Twitterkanal des österreichischen Gesundheitsminsteriums blickt, wird dort über interne Personalia informiert, sowie über Einreisebestimmungen und den Gesetzesentwurf zur kommenden Impfpflicht. Updates zu aktuellen Omikron-Infektionen oder dem aktuellen Stand der Forschung sucht man dort aber vergeblich. Aktuelle Infos zur Sieben-Tage-Inzidenz sind zwar nebenan, auf dem Twitterkanal der AGES zu finden. Doch auch hier ist Omikron noch kein Thema.

Wie es scheint, liegt es in Österreich vor allem an den Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen, über die aktuelle Lage zu informieren. Neben Andreas Bergthaler und Janine Kimpel versucht auch Ulrich Elling vom Akademie-Institut für Molekulare Biotechnologie, die Öffentlichkeit auf dem Laufenden zu halten. Sein letzter Eintrag widmet sich der Frage: Was ist von bzw. mit Omikron zu erwarten? Und beantwortet diese in einem siebenteiligen Thread, anhand von Studien, Statistiken und Einordnungen in kondensierter Form; sowie per Link zum Corona-Podcast „Ars Boni“ von der Uni Wien.