Fischfarm am Titicacasee
AFP – CARLOS MAMANI
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Umwelt

Quecksilber: Kontaminierte Fische erholen sich rasch

Mit Quecksilber kontaminierte Fischpopulationen können sich nach nur wenigen Jahren, in denen sie dem giftigen Schwermetall nicht ausgesetzt sind, wieder einigermaßen erholen. Das fand ein nordamerikanisches Forscherteam heraus, das die Quecksilberbelastung in einem kanadischen See 15 Jahre lang untersucht hat.

Ein Fisch am Mittagstisch ist wegen den Mineralstoffen und Omega-3-Fettsäuren grundsätzlich sehr gesund – wären da nicht immer wieder Meldungen über den hohen Quecksilbergehalt im Fleisch der Tiere, die Konsumentinnen und Konsumenten verunsichern. Das giftige Schwermetall gelangt über verschiedene Wege in das Wasser, wo es von Bakterien in noch schädlicheres Methylquecksilber umgewandelt wird. Fische nehmen es anschließend über ihre Nahrung auf und die Substanz setzt sich im Muskelgewebe der Tiere ab.

Giftige Substanz

Der kanadische Ökologe Paul Blanchfield: „Wir Menschen nehmen das Quecksilber zu uns, wenn wir die kontaminierten Fische essen.“ Gerade Methylquecksilber stehe jedoch oft in Zusammenhang mit neurologischen Störungen – vor allem bei Kindern, deren Mütter während der Schwangerschaft mit der giftigen Substanz in Kontakt gekommen sind.

„Weil sich das Schwermetall im Muskelgewebe der Fische ablagert und dort eine Zeit lang bleibt, war bisher nur schwer abzuschätzen, wie effektiv etwaige Maßnahmen zur Reduktion der Quecksilberbelastung wirklich sind“, so Blanchfield. Zusammen mit einem nordamerikanischen Forscherteam wollte er daher herausfinden, wie schnell sich Fischpopulationen von ihrer Kontamination tatsächlich erholen können. Das Ergebnis der Untersuchung wurde im Fachjournal „Nature“ veröffentlicht.

Ökosystem 15 Jahre untersucht

Die Forscherinnen und Forscher beobachteten einen abgelegenen See in Kanada und dessen tierische Bewohner 15 Jahre lang. „In der ersten Hälfte des Untersuchungszeitraums haben wir speziell angereicherte Quecksilber-Isotope in das dortige Ökosystem eingespeist“, erklärt der Ökologe. So wollten die Fachleute das selbst zugegebene Schwermetall später von dem Quecksilber unterscheiden, das ohnehin bereits im See existierte.

In kleinen Lebewesen, wie etwa Plankton, erhöhte sich die Konzentration des Methylquecksilbers in dieser Zeit um bis zu 57 Prozent, bei größeren Fischen wie etwa Hechten nahm sie über 40 Prozent zu. Blanchfield: „Je höher die Fische in der Nahrungskette stehen, desto mehr Methylquecksilber haben sie normalerweise auch in ihren Körpern, weil sie das Schwermetall auch durch das Fressen kleinerer Fische aufnehmen.“ Nach sieben Jahren stoppte das Team die Zugabe des Quecksilbers komplett.

See in der Türkei
AFP – ADEM ALTAN

Erholte Arten nach wenigen Jahren

Es folgten acht Jahre, in denen sich die Fischpopulationen im kanadischen See von dem Quecksilber erholen sollten. Auch hier konnte das Forscherteam klare Unterschiede zwischen den einzelnen Fischarten feststellen. „Bei kleineren Fischen konnten wir nach Ablauf der acht Jahre eine Reduktion der Quecksilberkonzentration um mindestens 85 Prozent feststellen. Schon nach den ersten Jahren hatten sie sich recht gut erholt“, erklärt der kanadische Ökologe. Ein wenig länger dauerte es hingegen bei den größeren Fischen im See. Die Quecksilber-Konzentration war etwa bei Hechten nach acht Jahren um rund 76 Prozent gesunken.

Lebenszyklus entscheidend

Bei einer anderen größeren Fischpopulation im Teich, einer Art von Lachsfischen, nahm die Belastung im Untersuchungszeitraum hingegen nur um 38 Prozent ab. Die unterschiedliche Geschwindigkeit, in denen sich die Fischarten im See erholten, sei dabei auf die Lebenszyklen der Tiere zurückzuführen, so Blanchfield. „Eine Fischart, bei der ein Individuum lange lebt, hat länger mit Quecksilber zu kämpfen, weil das Schwermetall aus den Körpern einzelner Fische kaum rauszubekommen ist. Fischpopulationen, deren Vertreter nur kurz leben und bei denen es regelmäßig Nachwuchs gibt, werden hingegen besser damit fertig, weil durch den Nachwuchs sozusagen frisches Blut in die Population kommt.“ Die Jungfische seien im Lauf der acht Jahre nämlich in immer saubererem Wasser aufgewachsen – die Kontamination mit dem giftigen Schwermetall nahm so von Generation zu Generation ab und führte zu einer generellen Erholung der Population.

“Maßnahmen bringen etwas“

Dass sich Fischpopulationen innerhalb weniger Jahre von einer Quecksilberkontamination einigermaßen gut erholen können, war für Blanchfield und sein Team eine positive Überraschung. Im Experiment des Forscherteams wurde die Zugabe von Quecksilber jedoch von einem Tag auf den nächsten komplett gestoppt, was außerhalb der Studie natürlich nicht möglich sei, so der Ökologe. Klar sei für Blanchfield dennoch: „Das Forschungsergebnis ist ein Beweis dafür, dass jegliche Anstrengungen zur Reduktion der Quecksilberbelastung auch wirklich sinnvoll sind und etwas bewirken – und das in ziemlich kurzer Zeit.“

Der kanadische Ökologe würde sich wünschen, dass noch mehr gegen die Quecksilberbelastung in Flüssen, Seen und dem Meer getan wird, denn so könnten Fische künftig nicht nur selbst gesünder leben, sie könnten auch wieder ohne Bedenken vor giftigen Schwermetallen auf dem Teller landen.