Lage des möglichen extragalaktischen Exoplaneten (li) und künstlerische Illustration desselben (re)
X-ray: NASA/CXC/SAO/R. DiStefano, et al.; Optical: NASA/ESA/STScI/Gendler; Illustration: NASA/CXC/M. Weiss
X-ray: NASA/CXC/SAO/R. DiStefano, et al.; Optical: NASA/ESA/STScI/Gendler; Illustration: NASA/CXC/M. Weiss
Gastbeitrag

Die Astro-Highlights des Jahres

Hinweise auf den ersten Planeten außerhalb unserer Galaxie, das Rendezvous mit einem Asteroiden und ein Meteoriteneinschlag in der Steiermark: Das sind nur drei der Höhepunkte des Astronomie- und Raumfahrtjahrs 2021, auf das die beiden Astronomie-Fachleute Julia Weratschnig und Stefan Wallner in einem Gastbeitrag zurückblicken.

Ein besonderes Highlight hat sich erst vorige Woche ereignet: Seit 2011 in Planung und immer wieder durch Verzögerungen geplagt, war mit dem erfolgreichen Start des James Webb Space Telescope (JWST) der 25.12.2021 ein wichtiges Datum für AstronomInnen. Mit einer Ariane 5-Rakete vom Weltraumflughafen in Französisch-Guyana gestartet, soll das JWST auf den 1,5 Millionen Kilometer weit entfernten Lagrange 2-Punkt gebracht werden, bei welchem ein gravitatives Gleichgewicht zwischen Erde und Sonne herrscht und das Teleskop damit dort quasi verharren kann. Bereits in wenigen Wochen ist die Ankunft dort geplant. Auf dem Weg soll sich das „in Origamitechnik“ gefaltete Teleskop schon nach und nach entfalten.

Porträtfotos der Astronomen Julia Weratschnig und Stefan Wallner
Privat

Über Autorin und Autor

Julia Weratschnig ist Kuratorin für Astronomie am Haus der Natur Salzburg. Stefan Wallner ist Astronom an der Universität Wien.

Der aus 18 Segmenten und ultra-leichtem Beryllium bestehende und mit Gold überzogene Hauptspiegel sowie das aus fünf Schichten zusammengesetzte Sonnenschild mit der Größe eines Tennisfeldes benötigen einige Monate, um sich auszurichten und in Position zu bringen. Sind dieses Ausklappen sowie sämtliche weitere Notwendigkeiten erfolgreich, so kann in einem halben Jahr mit dem Start wissenschaftlicher Untersuchungen begonnen werden. Neben Beobachtungen im sichtbaren und speziell im Infrarotbereich zählen zu den Kernaufgaben des JWST die Suche nach den ersten Objekten, die nach dem Urknall entstanden sind, die genaue Analyse von Galaxienentwicklungen, die Betrachtung der Entstehung von Sternen- und Planetensystemen sowie die Suche nach potenziellen Lebenshinweisen. Für zehn Jahre in wissenschaftlicher Anwendung geplant, wird uns dieses Instrument noch viele Daten liefern und damit sicherlich viel Freude bereiten.

Exoplanet außerhalb der Galaxie

Exoplaneten sind Planeten, welche nicht unsere Sonne, sondern einen anderen Stern umkreisen. Für die ersten Nachweise von Exoplaneten wurde 2019 auch der Nobelpreis in Physik vergeben. In den Jahren seit der Entdeckung des ersten Exoplaneten gab es in diesem Forschungsbereich gewaltige Fortschritte. Inzwischen sind tausende von Exoplaneten bekannt und unser Wissen über diese Systeme wird immer größer. AstronomInnen gehen davon aus, dass jeder Stern von mindestens einem Planeten umkreist wird.

Besonders spannend sind Exoplaneten, auf denen vielleicht sogar erdähnliche Bedingungen herrschen – diese sind natürlich heiße Kandidaten auf Leben außerhalb der Erde. Aber auch über die Entstehungsgeschichte unseres eigenen Planetensystems kann man durch das Erforschen von Exoplaneten mehr lernen. 2021 konnte in Aufnahmen des Hubble-Teleskops ein junger, jupitergroßer Planet beobachtet werden. Dieser junge Planet formt sich noch immer und die Wissenschaftler können ihm quasi dabei zuschauen, wie er Gas und Staub aus seiner Umgebung aufsammelt.

Künstlerische Illustration des jupitergroßen Planeten
NASA, ESA, STScI, Joseph Olmsted (STScI)
Künstlerische Illustration des jupitergroßen Planeten

Aber noch eine weitere Sensationsmeldung hielt das auslaufende Jahr für ExoplanetenforscherInnen bereit: Zum ersten Mal wurden in Daten eines Röntgensatelliten sogar Hinweise auf einen Extragalaktischen Exoplaneten entdeckt: also ein Planet, der einen Stern in einer anderen Galaxie, und zwar der Galaxie M51 (auch als Whirlpool Galaxie bekannt), umkreist!

Hochbetrieb am Mars

Das Jahr 2021 war ein spannendes Jahr für die Marsforschung. Gleich drei verschiedene Raumsonden erreichten im Februar den roten Planeten, darunter zwei Orbiter (die Sonde “Hope“ aus Dubai und “Tianwen 1“ aus China), zwei Rover (der chinesische „Zhurong“ und der amerikanische „Perseverance“) und ein Helikopter!

Besonders der kleine Helikopter “Ingenuity“, welcher in erster Linie die Möglichkeit eines automatisierten Fluges auf einem anderen Planeten demonstrieren sollte, sorgte für Schlagzeilen. „Ingenuity“ übertraf sämtliche Erwartungen und testete die zukünftige Zusammenarbeit zwischen Rovern und Fluggeräten.

Illustration eines Flugs des Marshubschraubers „Ingenuity“
NASA/JPL-Caltech
Illustration eines Flugs des Marshubschraubers „Ingenuity“

Während der kleine Helikopter mit einer Größe von knapp über einem Meter Spannweite also den Luftraum unseres Nachbarplaneten eroberte, fanden die robotischen Erkundungssonden am Mars weitere Hinweise wie auf eine wasserreiche Vergangenheit. Der Orbiter “ExoMars“ konnte große Mengen an Wassereis auch in tiefen Schluchten der Valles Marineris nachweisen. Dieses Wasservorkommen auf dem Planeten ist aus zweierlei Gründen besonders spannend: War der Mars in der Vergangenheit tatsächlich warm und feucht, so stehen die Chancen für Leben nicht schlecht. Aber auch für die zukünftige astronautische Erkundung wird auf dem Mars vorkommendes Wasser eine wichtige Ressource sein.

Candor Chasma, eine Schlucht im nördlichen Teil von Valles Marineris,
Candor Chasma, eine Schlucht im nördlichen Teil von Valles Marineris

Himmelskörper, die uns auf Trab halten

Die im Jahre 2016 gestartete Raumsonde “OSIRIS-Rex“ machte sich zur Aufgabe, den erdnahen Asteroiden (101955) Bennu zu untersuchen. Der Himmelskörper mit knapp einem halben Kilometer Durchmesser war bereits längere Zeit am Radar der Forschung und wurde aufgrund seiner knappen Annäherung in der zweiten Hälfte des 22. Jahrhunderts als geringe, aber potenzielle Gefahr für die Erde eingestuft.

Um dies genauer zu untersuchen, sammelte die Raumsonde Material von dessen Oberfläche und wird 2023 mit diesem zurück auf unseren Planeten reisen. Bereits während der Annäherung und Probenentnahme, konnten wertvolle Informationen gewonnen werden. Die wohl wichtigste: Nach genauen Berechnungen seiner Bahn, konnte die Gefahr eines Einschlags auf der Erde bis zum Jahr 2300 bereits reduziert werden und liegt bei nur 0,057 Prozent.

Asteroid Bennu
NASA/Goddard/University of Arizona
Asteroid Bennu

Andere Himmelskörper, weniger „gefährlich“, waren dafür umso schöner mit freiem Auge am Nachthimmel zu finden. Zuletzt war dies der Komet C/2021 A1 Leonard, der deutlich sichtbar über Österreich Ziel vieler AstrofotografInnen war. Aufgrund seines hellen Aufkommens im Dezember wurde er von vielen als „Weihnachtskomet“ getauft. Beim Vorbeiflug an der Sonne wird er aus seiner Umlaufbahn geworfen, sodass er das Sonnensystem dauerhaft verlassen wird.

Kindberg Meteorit

Im November 2020 wurde ein besonders heller Feuerball über Österreich beobachtet. Zusätzlich zu Sichtungen mit dem freien Auge gibt es auch einige Kameranetzwerke, welche solche Ereignisse automatisiert aufzeichnen und eine Bahnberechnung ermöglichen. Besonders gut konnte die zu diesem Zeitpunkt neu installierte Kamera auf der VEGA-Sternwarte Haus der Natur in Salzburg den Feuerball filmen (siehe Video).

Noch aufregender war aber die Tatsache, dass laut der Berechnungen Bruchstücke des Objekts in Österreich – im Gebiet der Steiermark – bis zur Erdoberfläche stürzten. Verschiedene Meteoritensucher durchstreiften mehrere Wochen und Monate die berechnete Landezone, ehe im September 2021 tatsächlich der Sensationsfund gelang: Ein 233 Gramm schweres Bruchstück wurde gefunden. Nach dem Fundort wird dieses Stück den Namen „Kindberg Meteorit“ erhalten.

Attersee-Traunsee nun „Nachtlandschaftsschutzgebiet“

Die Lichtverschmutzung ist ein Phänomen, welches in Österreich nur allzu gegenwärtig ist. Insbesondere städtische Gebiete strahlen zu viel fehlorientiertes Licht bei Nacht in den Naturraum, auch in Richtung Nachthimmel. Als Folge kann man die eigentlich sichtbare Milchstraße, viele Sterne und andere Himmelsobjekte nicht mehr sehen. Für AstronomInnen, die dieses künstliche Licht somit auch bei ihren Beobachtungen einsammeln, natürlich ein gigantisches Problem. Doch ist diese Lichtverschmutzung auch eine Gefahr für sämtliche Lebewesen unseres Planeten, wird der natürliche Tag-Nacht-Rhythmus doch dadurch gestört.

Vor diesem Hintergrund zeichnet die International Dark Sky Association global Gebiete aus, die ein besonderes Engagement zum Schutz des natürlichen Nachthimmels zeigen. Die Zertifizierung als erster „International Dark Sky Park“ Österreichs konnte nun im April 2021 der Sternenpark Attersee-Traunsee erreichen. Nach jahrelangem Bemühen, der nachhaltigen Umstellung von Außenbeleuchtung in der Region, Sensibilisierungsarbeit und dem Aufbau eines Lichtverschmutzungs-Monitorings, soll das Gebiet ein Vorbild sein diese Thematik weiter zu verfolgen. Aufgrund des alpinen Gebietes zählt der Himmel über Österreich noch zu den dunkelsten und naturnächsten in Europa, ein Privileg welches es zu erhalten gilt.