Ein Bub wird in Südafrika geimpft
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Studien: Mildere Krankheitsverläufe durch Omikron

Hoffnungsvolle Nachrichten zur Omikron-Variante des Coronavirus sind selten, aber es gibt sie: Gleich zwei neue Studien liefern Hinweise, dass Omikron mildere Krankheitsverläufe auslösen könnte als die Delta-Variante. Die eine beruht auf Beobachtungen in Südafrika, die andere auf Laborversuchen mit Zellkulturen.

Für die erste Studie wertete ein Team um Cheryl Cohen von Südafrikas Nationalem Institut für übertragbare Krankheiten (NICD) CoV-Daten von Oktober bis Ende November aus. Das Risiko, mit einer Omikron-Infektion im Krankenhaus behandelt werden zu müssen, war im Vergleich zu Delta und anderen Varianten 80 Prozent geringer.

„Die sehr ermutigenden Daten deuten stark auf eine geringere Schwere der Omikron-Infektionswelle hin“, kommentierte Cohen. Sie ergänzte aber zugleich, dass es sich noch um relativ frühe Daten handelt und weitere Studien nötig seien. Die Ergebnisse sind als Preprint, also einer noch nicht vollständig von der Fachgemeinde überprüften Studie, erschienen.

Vorsicht bei der Interpretation

Der Mikrobiologe Paul Hunter von der britischen University of East Anglia, warnte vor voreiligen Schlüssen. Eine Schwäche der Studie sei, dass die Omikron-Daten mit Delta-Daten aus einem früheren Zeitraum (April bis November) verglichen würden. Ein Grund für die Unterschiede könnte die inzwischen höhere Immunität der Bevölkerung sein.

In Südafrika dominiert die Omikron-Variante das Infektionsgeschehen. Der Großraum um die Metropole Johannesburg und die Hauptstadt Pretoria hatte bei den täglichen Neuinfektionen landesweit zeitweise einen Anteil von bis zu 80 Prozent gehabt. Allerdings liegt die Zahl der Krankenhauseinweisungen deutlich unter denen vorangegangener Infektionswellen. Auch die Zahl der Aufenthalte im Hospital sank deutlich auf im Schnitt drei bis vier Tage, so die Studie.

Pseudoviren im Labor

Für eine zweite, ebenfalls als Preprint erschienene Studie stellte ein Team um den Infektiologen Ravindra Gupta von der Universität Cambridge im Labor Omikron-Pseudoviren her. Das sind ungefährliche Laborviren, die auf ihrer Oberfläche das Omikron-Spike-Protein tragen. Mit diesen Pseudoviren verglichen die Forscherinnen und Forscher andere Pseudoviren, die das Delta-Spike-Protein oder das Wildtyp-Spike-Protein tragen. Konkret testeten sie ihre Fähigkeit, verschiedene Zellen zu infizieren und Zell-Zell-Fusionen anzuregen, die mit einem schwereren Krankheitsverlauf in Verbindung stehen.

Ergebnis: Die Omikron-Pseudoviren infizieren Lungenzellen und Zellen von Lungenorganoiden schlechter als Delta-Pseudoviren und regen Zell-Zell-Fusionen auch deutlich schlechter an. Die Forscher und Forscherinnen interpretieren ihre Daten so, dass Omikron aufgrund der vielen Mutationen im Spike-Protein zwar einer bestehenden Immunantwort teilweise entkommen, aber Zellen nicht so gut infizieren und sich ausbreiten könne.

Keine voreiligen Schlüsse

Bei der Frage, ob diese Laborergebnisse darauf hindeuten, dass Omikron tatsächlich zu milderen Krankheitsverläufen als Delta führt, sind Fachleute sehr zurückhaltend. „Leider kann man von den Versuchen der Studie keine solchen Ableitungen treffen“, kommentierte etwa Björn Meyer, Leiter der Arbeitsgruppe Virusevolution von der Universität Magdeburg. Die Studie zeige, dass die Spike-Proteine von Omikron und Delta unterschiedlich gut in verschiedene Zellsysteme gelangen und von Impf-Immunsera neutralisiert werden können. „Darüber hinaus aber kann man leider noch keine Schlüsse ziehen.“

Auch Isabel Eckerle, Leiterin der Forschungsgruppe emerging viruses an der Universität Genf, hält die Daten zur Krankheitsschwere von Omikron aktuell „noch für etwas zu dünn“. Auf die Frage, ob das Ergebnis der Laborstudie mit den Beobachtungen niedrigerer Hospitalisierungsraten aus Südafrika übereinstimmte, antwortete sie: „Es könnte ein Hinweis auf mildere Infektionen sein, aber man muss auch bedenken, dass Südafrika eine junge Population hat, in den vorherigen Wellen bereits eine starke Übersterblichkeit entstand und die berichteten Fälle vor allem junge Menschen mit Impfdurchbrüchen waren. Auch zirkulierte in Südafrika vermehrt die Beta-Variante, so dass wahrscheinlich ein anderer immunologischer Hintergrund herrscht als bei uns.“

Zwei weitere Studien aus Großbritannien kommen ebenfalls zum Schluss, dass Omikoron zu weniger schweren Erkrankungen führt. Dennoch warnen Experten wegen der hohen Ansteckungsrate weiterhin vor allzugroßem Optimismus.