Elektronen (blau) und Positronen (rot) eines Pulsars: künstlerische Illustration
NASA’s Goddard Space Flight Center
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Trotz Rekordmessung

Urknallrätsel weiter ungelöst

Auf der Suche nach dem Ursprung unserer Existenz ist Physikerinnen und Physikern des Europäischen Kernforschungszentrums (CERN) eine Rekordmessung gelungen: Sie verglichen die Massen von Protonen und Antiprotonen auf elf Stellen nach dem Komma. Die erhoffte Antwort auf die Frage, wie das Universum entstanden ist, konnte aber auch damit nicht gefunden werden.

Warum löschten sich Materie und Antimaterie beim Urknall nicht gegenseitig aus? Um diese Frage zu beantworten, verglichen Physiker der Europäischen Organisation für Kernforschung (CERN) in Genf die Massen von Protonen und Antiprotonen exakt wie noch nie – nämlich auf elf Stellen nach dem Komma. Die Ergebnisse wurden nun in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht.

Trotz der Rekordmessung habe sich die Hoffnung auf eine Erklärung dafür, dass Materie und Antimaterie sich nicht gegenseitig auslöschten, vorerst zerschlagen, sagt der Physiker Stefan Ulmer. Er ist Gründer des Baryon-Antibaryon-Symmetrie-Experiments (BASE) am CERN, das sich mit den Eigenschaften von Antimaterie beschäftigt.

(Noch) kein Unterschied messbar

„Wir haben keinen Unterschied zwischen Protonen und Antiprotonen gefunden, der die Existenz von Materie im Universum erklären könnte“, so Ulmer gegenüber der dpa. Nicht auszuschließen sei aber, dass Unterschiede auf noch mikroskopischerem und noch nicht messbarem Level bestehen.

Antimaterie bezeichnet die Antiteilchen, die zu jedem Baustein der Welt, den Elementarteilchen, bestehen. Sie haben die entgegengesetzte elektrische Ladung. Beim Aufeinandertreffen von Teilchen und Antiteilchen vernichtet sich das Paar gegenseitig.

„Wir existieren ja“

„Im Kern geht es um die Frage nach dem Ursprung unserer Existenz“, sagt Ulmer. „Wenn wir die Urknalltheorie und das Standardmodell der Teilchenphysik vereinigen, gibt es eigentlich keinen Grund, warum das Universum entstehen sollte.“ Denn Materie und Antimaterie müssten sich gegenseitig auslöschen.

Verbildlicht: Wenn ein Proton und ein Antiproton in einer Box geschüttelt würden, bliebe nichts übrig. „Das müsste auch beim Urknall passiert sein – ist es aber nicht, denn wir existieren ja“, sagt Ulmer. Die Frage, warum wir existieren, könne die moderne Physik noch nicht beantworten.

Experiment in elektromagnetischem Container

Eine der Theorien ist, dass eine Asymmetrie zwischen Materie und Antimaterie besteht. Wenn Protonen schwerer wären als Antiprotonen, würden – vereinfacht ausgedrückt – bei einem Zusammenstoß einige Protonen übrig bleiben. Das Experiment am CERN förderte aber keinen Unterschied zutage.

„Wir haben mit hoher Messpräzision ausgeschlossen, dass der Unterschied zwischen Materie und Antimaterie auf einer Differenz der Masse beruht“, so Ulmer. Gemessen wurden einzelne Teilchen in einer rund 25 Zentimeter langen Penning-Falle, einem elektromagnetischen Container. Dort konnten die Schwingungen von Proton und Antiproton aufgezeichnet und verglichen werden.

Weitere Messungen geplant

Als Nächstes wollen die Physiker eine andere Theorie zum Unterschied zwischen Materie und Antimaterie erneut testen: nämlich ob sich statt der Masse vielleicht das magnetische Moment unterscheidet. Mit verbesserter Präzision soll das Schwingen der Teilchen um die eigene Achse gemessen werden. „Wir können jetzt mit einer mindestens zehnmal höheren Genauigkeit messen als bislang“, sagt Ulmer.

Die Physiker haben laut Ulmer auch erstmals ein Experiment geschaffen, das mit höchster Präzision untersuchen kann, ob Antimaterie durch Gravitation gleich schnell nach unten fällt wie Materie. Das vorläufige Ergebnis: Antimaterie reagiert gleich wie Materie. Auch hier können eines Tages noch präzisere Messungen zu anderen Ergebnissen führen.