Containerschiff in China
APA/AFP/STR
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Klimaerwärmung

Wie die Schifffahrt klimafit werden könnte

Schiffsverkehr ist zentral für den weltweiten Handel, sein Beitrag zur Klimaerwärmung wird bisher aber vernachlässigt. Forscher haben nun berechnet, wie Schifffahrt klimaneutral werden könnte: Dazu sind alternative Treibstoffe nötig, die die Transportleistung verringern und die Kosten deutlich erhöhen würden.

Die internationale Seeschifffahrt verursacht zwei bis drei Prozent des weltweiten Treibhausgas-Ausstoßes. Laut einem EU-Bericht aus dem Vorjahr sind Schiffe für 13,5 Prozent aller Emissionen, die der Verkehr in der EU verursacht, verantwortlich – das ist ähnlich viel wie die Luftfahrt.

Schiffe fahren heute in erster Linie mit Schweröl, also einem fossilen Treibstoff. Alternative Kraftstoffe, die keine Treibhausgase freisetzen – etwa durch Strom aus Erneuerbaren Energien produzierter Wasserstoff oder Ammoniak -, werden bisher nur äußerst selten verwendet. Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, müsste aber genau das geschehen.

Weniger Ladung, höhere Kosten, mehr Strom

Ein Team um den Energietechniker Konstantinos Boulouchos von der ETH Zürich hat nun ausgerechnet, was dafür geschehen müsste. Bei der Umstellung auf klimaneutrale Treibstoffe könnten weiterhin mehr als 93 Prozent der aktuellen Transportleistung erbracht werden, berichten die Forscher am Montag im Fachjournal "Nature Energy“. Dabei müssten die Schiffe etwa drei Prozent weniger Ladung an Bord nehmen, um Platz für die neuen Treibstoffe und Motoren zu schaffen.

Allein diese Umstellung würde den europäischen Stromverbrauch um vier bis acht Prozent steigern. Zudem müssten die Betreiber der Schiffe damit rechnen, dass die Betriebskosten für die Schiffe zwei- bis sechsmal höher sind als aktuell – eine enorme ökonomische Herausforderung.

Schwieriges Thema der Klimapolitik

Geschieht das hingegen nicht, könnte der absolute Treibhausgas-Ausstoß der Schifffahrt laut Schätzungen bis Mitte des Jahrhunderts um bis zu 250 Prozent steigen. Denn: Es wird erwartet, dass der Warentransport auf dem Seeweg weiter stark zunehmen wird – wahrscheinlich auf das Dreifache im Vergleich zum Jahr 2015. Aktuell werden etwa 90 Prozent der international gehandelten Güter mit Schiffen transportiert.

Generell gilt es als schwierig, die Schifffahrtsindustrie klimaneutral zu machen. Ebenso wie der grenzüberschreitende Flugverkehr werden diese Emissionen keinem Verursacherstaat zugeschrieben und daher nicht bei der Entwicklung der nationalen Klimaziele berücksichtigt. Somit entziehen sie sich möglichem politischen Druck aus der nationalen Politik.

Es ist daher Aufgabe der UNO-Schifffahrtsorganisation International Maritime Organization (IMO), Strategien zu entwickeln, wie auch dieser Sektor die Treibhausgasemissionen verringern kann. Auf dem Weltklimagipfel COP26 im November 2021 wurde der Druck auf die IMO deutlich erhöht – die Organisation solle nachdrücklicher auf eine klimaneutrale Schifffahrt hinarbeiten.

Modulare Energiesysteme ideal

Für eine Optimierung wäre entscheidend, so die Autoren, mit modularen Energiesystemen jede Fahrt so auszustatten, wie es für die Länge der Fahrt und die Auslastung angemessen ist. Bisher sind die Schiffe so konzipiert, dass sie ausreichend Treibstoff für die größtmögliche Distanz bei maximaler Auslastung laden können – aktuell werden sogar häufig auch Treibstoffe für anschließende Fahrten an Bord genommen. Container mit modularen Energiesystemen könnten dann je nach Fahrt zu- oder abgeladen werden.

Zusätzlich ließe sich durch Ladestopps auf halber Strecke die transportierte Warenmenge enorm steigern. Die Gesamtbetriebskosten der auf Erneuerbare Treibstoffe umgerüsteten Schiffe würden zwei- bis sechsmal höher liegen als bei konventionellen Antrieben. Das zeigt, wie groß schon allein die ökonomischen Herausforderungen einer solchem Umrüstung auf klimaneutrale Treibstoffe sind. Von allen untersuchten klimaneutralen Treibstoffen zeigten sich in dieser Studie Ammoniak und Methanol als die ausgewogensten Kraftstoffe.

Massengutfrachter in Europa untersucht

Für ihre Studie untersuchten die Autoren alle innereuropäischen Transportfahrten mit Massengutfrachtern und Öltankern. Diese sind für etwa 21 Prozent aller betrieblichen Treibhausgasemissionen der Schifffahrt verantwortlich. Die Wissenschaftler sehen ihre Ergebnisse auf andere Weltregionen und Schiffstypen übertragbar – und somit für die gesamte Schifffahrt weltweit.