Mond
NASA Goddard
NASA Goddard
Raumfahrt

Wie der Mond auf seiner Rückseite aussieht

Über die erdabgewandte Seite des Mondes ist noch wenig bekannt. Ein chinesisches Forscherteam hat nun aber Daten des Mondrovers „Yutu-2“ analysiert, der sich dort seit drei Jahren in einem Krater befindet. Das Ergebnis liefert Einblicke in die Landschaft und Bodenbeschaffenheit auf der „dunklen Seite“ des Mondes.

Vor etwas mehr als drei Jahren machte sich die chinesische Raumsonde „Chang-e 4“ auf den Weg zum Mond. Damit sorgte China für eine wissenschaftliche Sensation, denn die erfolgreiche Landung am 3. Jänner 2019 war die erste auf der erdabgewandten Seite des Himmelskörpers. Seitdem befindet sich die Sonde im Von-Karman-Krater im Südpol-Aitken-Becken, der einen Durchmesser von ungefähr 180 Kilometern hat.

“Jadehase-2“ erkundet Umgebung

Nur wenige Stunden nach der Landung machte sich der Mondrover „Yutu-2“ (dt. „Jadehase“) an die Arbeit und begann, seine Umgebung mit zahlreichen technischen Geräten wie etwa einer Panoramakamera, Strahlendetektoren und einem Bodenradar zu untersuchen. In seinen ersten beiden Jahren legte der „Jadehase“ rund 600 Meter auf der Mondrückseite zurück.

Chang’e 4
AFP/China National Space Administrat

Ein beachtlicher Weg, wie der an der Universität Wien tätige Professor für Impaktforschung und planetare Geologie, Christian Köberl, gegenüber dem ORF erklärt. Er selbst war an der chinesischen Mission nicht beteiligt, meint aber: „Dass ein Mondrover 600 Meter in seinen ersten zwei Jahren zurücklegt und immer noch funktionstüchtig ist, ist ein sehr gutes Ergebnis.“ Besonders erfreulich sei laut dem Experten, dass „Yutu-2“ aktuell sogar schon eine Strecke von über einem Kilometer auf dem Mond zurücklegen konnte.

Daten in Größe von knapp 17 Gigabyte, die „Yutu-2“ in seinen ersten beiden Jahren gesammelt hat, wurden über einen extra dafür positionierten Kommunikationssatelliten an die Erde gesandt. Ein chinesisches Forscherteam hat diese Informationen nun analysiert und präsentiert das Ergebnis aktuell im Fachjournal „Science Robotics“. Köberl sieht die Arbeit des chinesischen Forscherteams als sehr bedeutend an, liefere sie doch die ersten Informationen über die Mondrückseite, die direkt von einer dort stationierten Mondsonde stammen.

Boden vergleichbar mit sandigem Lehm

Um die Bodenbeschaffenheit auf der Rückseite des Mondes zu erforschen, nutzte das Team um Liang Ding vom chinesischen Harbin Institute of Technology einen etwas ungewöhnlichen Weg. Der Mondrover ist mit keinen Instrumenten ausgestattet, die direkte Informationen über die Zusammensetzung des Bodens liefern können. Das Team nutzte daher Daten darüber, wie sehr die Reifen von „Yutu-2“ im dortigen Boden versanken, wie stark sie darauf rutschten und wie viel Material an den Reifen hängen blieb.

Dabei stellten die chinesischen Forscher fest, dass das lockere Material (Regolith) über dem festen Untergrund der Mondrückseite ähnliche Eigenschaften aufweist wie trockener Sand oder sandiger Lehm auf der Erde. Im Vergleich zu Rovern, die auf der erdzugewandten Seite des Mondes stationiert waren, blieb mehr Material an den Reifen von „Yutu-2“ hängen.

Das Regolith am Boden der Mondrückseite sei laut dem Forscherteam wahrscheinlich älter und daher länger der Verwitterung durch Einschläge und Strahlung ausgesetzt. Unter dem Druck der Reifen verklumpe es deswegen schneller. Für künftige Mondmissionen ein wichtiges Detail, denn der Boden auf der Mondrückseite halte dadurch ein größeres Gewicht aus. Künftige Mondrover könnten so eventuell mit weiteren Geräten ausgestattet werden, ohne dass sie im sandigen Untergrund stecken bleiben.

Junge Krater, kaum Gestein

Anhand der Daten von „Yutu-2“ bekamen die Forscher auch ein Bild davon, wie die Landschaft auf der erdabgewandten Seite des Mondes aussieht. Die Autoren beschreiben den untersuchten Bereich als relativ flach mit leichten regionalen Neigungen. „Das ist auch in vielen Teilen der erdzugewandten Seite des Mondes der Fall“, erklärt Köberl. In einigen Bereichen unterscheide sich die Landschaft aber deutlich. Auf seinem 600 Meter langen Weg durch den Von-Karman-Krater traf der Mondrover zum Beispiel nur auf wenige Felsen und Steine – ein klarer Unterschied zu der oft sehr steinigen erdzugewandten Seite.

„Yutu-2“ fand auf seinem Weg aber zahlreiche Krater, die laut den Forschern von jüngeren Einschlägen auf die Mondoberfläche zeugen. In manchen dieser Krater entdeckte das Team sogar reflektierendes Material. Dabei handle es sich wahrscheinlich um Glas, das vom hohen Druck und den Temperaturen eines Einschlags herrührt. Der Mondrover konnte das gläserne Material aber nicht näher untersuchen, da er wahrscheinlich nicht wieder über das steile Gelände am Kraterrand gekommen wäre.

Das bessere Verständnis über die Bodenbeschaffenheit und die Landschaft auf der erdabgewandten Seite des Mondes sei laut den Autoren eine wichtige Grundlage für künftige Weltraummissionen. Das Team konnte so einen Einblick bekommen, wie etwa die Räder von Mondrovern aussehen müssten, um mit dem verklumpenden Untergrund besser fertig zu werden. Bei künftigen Missionen könnte auch der Einsatz von gehenden Robotern möglich werden, um die Krater und eventuelle Höhlen auf der Rückseite des Mondes zu erforschen.