Finnwal bei Cap Cod
AFP/DON EMMERT
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Nahrungsaufnahme

„Stöpsel“ verhindert, dass Wale ertrinken

Wenn Furchenwale unter Wasser auf Jagd gehen, nehmen sie nicht nur große Mengen an Nahrung, sondern auch das Wasser zu sich, das ihre Beute umgibt. Laut einem kanadischen Forscherteam sorgt eine Art „Stöpsel“ im Maul dafür, dass die Tiere dabei nicht ertrinken.

Zu der Familie der Furchenwale zählen die größten derzeit lebenden Tiere der Welt. Bekannte Vertreter sind Blau- oder Buckelwale. Von anderen Walen unterscheiden sie sich unter anderem dadurch, dass sie an Stelle von Zähnen Hornplatten im Oberkiefer haben, sogenannte Barten. Große Mengen an Beute – etwa Krill, kleine garnelenförmige Krebstiere – können von den Tieren auf einmal aufgenommen werden. Ein dehnbares Maul schafft außerdem genug Platz für das viele Wasser, in dem ihre Beuteschwärme schwimmen.

„Über die Tiere ist bereits viel bekannt, wir wissen zum Beispiel, wie sie ihre Beute jagen oder dass sie das Wasser durch ihre Barten aus dem Maul filtern, ohne die Beute entkommen zu lassen“, erklärt Kelsey Gil, Doktoratsstudentin an der Universität von British Columbia gegenüber dem ORF. „Was passiert, nachdem Furchenwale ihre Beute im Maul haben, wusste man aber noch nicht. Wie sie etwa durch den großen Druck des ganzen Wassers bei der Aufnahme nicht ertrinken, war unklar“, ergänzt sie.

“Stöpsel“ blockiert Atemwege

Im Rahmen einer Studie, die aktuell im Fachmagazin „Current Biology“ präsentiert wird, untersuchte Gil daher mit zwei weiteren kanadischen Forschern die Anatomie der Wale genauer. Direkt an lebenden Tieren zu forschen, sei dabei jedoch nicht möglich. „Wir haben uns in der Studie auf Finnwale konzentriert, einer Art der Furchenwale, weil sie in Island nach wie vor bejagt werden und wir so Zugang zu den – leider schon verstorbenen – Tieren und Gewebeproben hatten“, so Gil.

Anhand der Proben und genauen Untersuchungen im Rachen entdeckte das Team eine Art „Stöpsel“, der verhindert, dass Wasser in die Lungen der Tiere gerät. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass alle Wale, die ähnlich jagen, so eine Struktur im Maul besitzen“, so Gil. Hinweise auf vergleichbare Mechanismen bei anderen Tieren gibt es laut dem kanadischen Forscherteam bisher nicht. Gil: „Soweit uns bekannt, ist der ‚Stöpsel‘ der Furchenwale einzigartig im Tierreich.“

Passiver Mechanismus

Das Team geht davon aus, dass der „Stöpsel“ automatisch aktiviert wird, sobald der Wal einen schnellen Satz in Richtung der Beute macht und sein Maul öffnet. Die Untersuchungen würden zeigen, dass eine Struktur am Gaumensegel nach hinten gerichtet die Nasenhöhle des Wals blockieren kann. Gleichzeitig befindet sich der Kehlkopf auf dem Rachenboden, wo er von Knorpeln geschützt wird. Ein Sack am Kehlkopf der Wale blockiert in weiterer Folge die Atemwege komplett und schützt sie vor dem Wasser. „Dieser Mechanismus hat auch zur Folge, dass Furchenwale nicht in der Lage sind, ihren Atem- und Verdauungstrakt gleichzeitig zu nutzen“, so Gil.

Den Schluckvorgang der Wale besser zu verstehen, sei laut Gil wichtig, um ihre Entwicklung besser zu erforschen. „In der Familie der Furchenwale gibt es unter anderem deshalb die größten Tiere der Welt, weil sie so effizient bei ihrer Beutejagd sind“, so Gil.