Hand einer alten Frau
dpa-Zentralbild/Britta Pedersen
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Medizinische Betreuung

Stabile Kontaktpersonen helfen bei Demenz

Die Zahl der Demenzkranken nimmt global rasant zu. Eine neue Studie zeigt, dass es bei Betroffenen seltener zu gesundheitlichen Komplikationen kommt, wenn sie immer von derselben Hausärztin, demselben Hausarzt untersucht werden.

Über 9.000 Akten von Patientinnen und Patienten mit diagnostizierter Demenz wurden für die Studie der britischen University of Exeter analysiert. Das Ergebnis: Diejenigen, die in ihrer hausärztlichen Versorgung über ein ganzes Jahr eine gleichbleibende Ansprechperson haben, profitierten davon.

Sie benötigten weniger Medikamente, und ihnen wurden seltener Medikamente verschrieben, die Komplikationen wie Inkontinenz, Schläfrigkeit und Stürze verursachen können. Bei denjenigen, die immer dieselbe Hausarztpraxis aufsuchten, war die Wahrscheinlichkeit einer Inkontinenz etwa um 58 Prozent geringer. Und auch die Wahrscheinlichkeit einer Notfalleinweisung ins Krankenhaus war um zehn Prozent geringer als bei jenen, die von unterschiedlichen Hausärztinnen und Hausärzten behandelt wurden.

„Langzeitpflege besonders wichtig“

Mehr Kontinuität in der Versorgung von Patienten und Patientinnen mit Demenz könne dazu beitragen, sowohl die Behandlung selbst als auch deren Ergebnisse zu verbessern, so die Studienautorinnen und -autoren. Weil es bei Demenz keine Heilung gibt, sei die Langzeitpflege für Betroffene besonders wichtig. Die Studie zeige, dass der regelmäßige Besuch in derselben Hausarztpraxis positive Auswirkungen auf den Gesundheitszustand hat. Und auch das Gesundheitswesen könnte davon profitieren: durch niedrigere Behandlungskosten und einen geringeren Pflegebedarf.

Auch mit Blick auf eine weitere Studie, die Anfang Jänner veröffentlicht wurde, ist das nicht unwesentlich: In den kommenden drei Jahrzehnten könnte sich die Zahl weltweiter Demenzfälle fast verdreifachen, schätzt ein internationales Forschungsteam in der Studie, die in der Fachzeitschrift „The Lancet Public Health“ veröffentlicht wurde.

153 Millionen Demenzkranke im Jahr 2050

Rund 153 Millionen Menschen könnten demnach im Jahr 2050 mit Demenz leben. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 waren es 57 Millionen. Zurückzuführen sei der rasante Anstieg vor allem auf das Bevölkerungswachstum und die steigende Lebenserwartung.

Einen besonders hohen Anstieg erwarten die Wissenschaftler unter anderem in Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten, während Japan die geringsten Zuwachsraten verzeichnen werde. Für Westeuropa erwarten die Studienautoren einen Anstieg der Fälle um 74 Prozent, von fast acht Millionen 2019 auf knapp 14 Millionen 2050. Niedrigere Anstiegsraten seien für Griechenland (45 Prozent), Italien (56 Prozent), Finnland (58 Prozent) und Schweden (62 Prozent) zu erwarten. Überdurchschnittlich hoch werde dieser unter anderem in Zypern (175 Prozent), Andorra (172 Prozent) und Irland (164 Prozent) ausfallen.

WHO: Interesse an Erforschung gesunken

Schon im vergangenen Jahr hatte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) davor gewarnt, dass die Zahl der Demenzkranken in den kommenden zehn Jahren global rasant zunehmen werde. Bis 2030 dürften demnach rund 40 Prozent mehr Personen weltweit mit Demenz leben als heute. Die positive Botschaft: Viele Menschen könnten ihr Demenz-Risiko deutlich reduzieren, etwa durch einen gesünderen Lebensstil, gute Schulbildung und intakte Sozialkontakte. Das Interesse an der Erforschung von Medikamenten gegen Demenz sei nach vielen enttäuschenden klinischen Studien gesunken, schreibt die WHO.

Demenz ist meist eine fortschreitende Krankheit, in deren Verlauf Betroffene kognitive Fähigkeiten verlieren – etwa beim Gedächtnis, der Orientierung und der Sprache, dem Verstehen, Lernen, Planen und Einschätzen. Auch die emotionalen und sozialen Fähigkeiten können langsam verloren gehen. Dies passiert öfter mit fortschreitendem Alter. Aber auch Krankheiten und Verletzungen können Veränderungen im Gehirn und damit Demenz auslösen.