Spritze und Impfstofffläschchen
Adobe Stock/Daniel CHETRONI
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Nebenwirkungen

Gefahr für Herzmuskelentzündungen gering

Eine mRNA-Impfung erhöht das Risiko für Herzentzündungen nur leicht. Das bestätigen zwei internationale Studien sowie aktuelle Daten aus Österreich. Wer ungeimpft erkrankt, ist deutlich mehr gefährdet: Herzmuskelentzündungen kommen ungefähr 1.000-mal häufiger vor als nach einer mRNA-Impfung.

Rund 17,5 Millionen Impfungen gegen Covid-19 meldet das österreichische Gesundheitsministerium bis zum heutigen Tag. In 186 Fällen ist eine Myokarditis aufgetreten. Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen listet sie in einem aktuellen Bericht auf. Fast alle traten nach einer Impfung mit Impfstoff von Biontech-Pfizer auf.

Es habe vier Todesfälle bei Personen zwischen 71 und 88 Jahren mit Herzkrankheiten nach einer Impfung gegeben, bei einer Person wurde eine Myokarditis als Ursache festgestellt. Bei einem 33-jährigen Patienten, der kurz nach der Impfung verstarb, wurde eine Myokarditis begleitend diagnostiziert, laut Obduktionsbericht war sie aber nicht die Todesursache. (1)

Am meisten seien junge Männer von einer Myokarditis nach einer Impfung betroffen gewesen, erklärt Barbara Tucek vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen: „Es wurde beobachtet, dass vor allem bei jüngeren Männern unter 30 und vor allem nach der zweiten Dosis innerhalb von zwei Wochen sehr selten Fälle von Myokarditis aufgetreten sind. Die sind in der Regel mild verlaufen und ohne Folgen“.

Studien aus USA und Hongkong

Zu diesem Ergebnis kommen auch neueste internationale Studien unter anderem aus den USA und aus Hongkong. Eine davon wurde vom US-Center for Disease Control and Prevention (CDC) in Atlanta soeben im Fachmagazin „JAMA“ veröffentlicht.

Untersucht wurden Menschen aus den USA, die zwischen Dezember 2020 und August 2021 mit einem mRNA-Impfstoff von Biontech-Pfizer oder Moderna geimpft wurden. Von den 192.405.448 geimpften Personen trat 1.626 eine Myokarditis auf. Das Durchschnittsalter war 21 und die Mehrheit (über 80 Prozent) waren Männer.

Bei den unter 30-jährigen gebe es keine bekannten Todesfälle, die mit einer Myokarditis nach einer Covid-19-Impfung im Studienzeitraum bekannt wurden. Die Studienautoren empfehlen, das leicht gestiegene Risiko für eine Herzmuskelentzündung zu bedenken, aber gleichzeitig nicht außer Acht zu lassen, dass eine Impfung sehr gut davor schützt, durch eine Covid-19-Erkrankung zu sterben. Das Risiko, schwer oder an Long Covid zu erkranken, sei ebenfalls geringer.

Vergleich mRNA-Impfstoff mit Sinovac

Die im Fachmagazin „Annals of Internal Medicine“ erschiene Studie der Hong Kong University hat den Zusammenhang zwischen Covid-19-Impfungen und Herzentzündung ganz generell untersucht, darunter fällt auch die Herzmuskelentzündung. Verglichen wurde dabei auch das Risiko nach einer mRNA-Impfung (Biontech-Pfizer) und einer Impfung mit dem chinesischen Totimpfstoff Sinovac. Verwendet wurde unter anderem Daten von 160 Patienten aus einem Hongkonger Krankenhaus.

Das Ergebnis war auch hier ein sehr leicht erhöhtes Risiko einer Herzentzündung nach einer Biontech-Pfizer-Impfung bei männlichen Erwachsenen nach der 2. Dosis: Auf 100.000 Impfungen kam ein Karditis-Fall. Bei Sinovac war das Risiko gleich wie bei Ungeimpften.

Unter den 20 Fällen, wo die Herzentzündung nach einer Impfung aufgetreten war, wurde im Studienzeitraum kein Todesfall gemeldet und keiner der Patienten musste intensivmedizinisch behandelt werden. Im Krankenhaus befanden sich im gleichen Zeitraum 133 ungeimpfte Personen mit Covid-19 auf der Intensivstation – hiervon hatten 14 Personen eine Herzentzündung, 12 davon starben.

Merkmale einer Herzentzündung sollten auf jeden Fall beobachtet werden, so die Studienautoren. Brustschmerzen, Kurzatmigkeit, Müdigkeit und Herzrasen können auch einen Monat oder länger nach der Impfung darauf hindeuten.

Kein höheres Risiko nach 3. Impfung

Nach der dritten Impfung sehe man bislang keinen weiteren Anstieg der Fälle von Myokarditis, weder international noch bei den Meldungen in Österreich, so Barbara Tucek: „Eine dritte Impfung steigert nicht weiter die Gefahr einer Myokarditis, im Vergleich zur ersten oder zweiten Impfung."

Die Herzmuskelentzündung tritt als Impfnebenwirkung viel seltener auf als nach einer Covid-19-Erkrankung. Genaue Zahlen dazu hat Mariann Gyöngyösi, Leiterin des „Long Covid“-Registers an der Medizinischen Universität Wien. Die CoV-verursachte Myokarditis komme ungefähr 1.000 Mal öfter vor als die mRNA-Myokarditis , erklärt sie. Dabei handelt es sich um einen Durchschnittswert über alle Altersgruppen. Jüngere Menschen haben generell ein geringeres Risiko, schwer an Covid-19 zu erkranken, aber auch bei ihnen ist das Risiko einer Myokarditis nach Infektion verglichen mit nach der Impfung laut Daten der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC höher. (2)

Das bestätigt auch eine im Fachmagazin „Nature Reviews Cardiology“ erschienene Arbeit. Bei jüngeren geimpften Erwachsene sei das Risiko, an einer leichten Myokarditis zu erkranken, allerdings etwas höher als in der Allgemeinbevölkerung, heißt es dort, um etwa das Ein- bis Fünfache. Wie Gyöngyösi betont, verlaufe eine Myokarditis nach einer Impfung in 99 Prozent der Fälle aber sehr mild.

Weltweit seien erst acht Todesfälle wegen einer Myokarditis nach einer Impfung gemeldet worden. Viel mehr sterben durch eine Myokarditis nach einer CoV-Infektion, sagt sie. Zwar könne auch eine Myokarditis nach einer Infektion mild verlaufen, aber „eine schwere Virus-Myokarditis kann zu einer Mortalität von vier bis sieben Prozent führen“, so Gyöngyösi.

Sehr selten bekommen Menschen auch nach einem Impfdurchbruch noch eine Myokarditis. Eine vollständige Impfung – also mittlerweile der dritte Stich – schütze vor schwerem Krankheitsverlauf und damit auch vor Herzerkankungen, meint auch Barbara Tucek. Der Bericht des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen listet alle in Österreich gemeldeten Imfnebenwirkungen im Zeitraum zwischen dem 27.12. 2020 und dem 14.1. 2022 auf.

(1) Anm.: Die entsprechende Aussage, wonach es noch keinen Todesfall in Österreich nach einer Myokarditis nach Impfung gegeben habe, wurde entsprechend den Informationen im BASG-Bericht korrigiert.

(2) Anm.: Ergänzung zu altersspezifischem Risiko am 1.2.