Vogelschwarm im Nebel
APA/dpa/Thomas Warnack
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„Stopp-Schild“

Magnetfeld lässt Vögel an Brutplätzen halten

Wie Zugvögel auf ihren langen Reisen wieder zu ihren alten Brutstätten zurückfinden, war bisher unklar. Aktuelle Studienergebnisse deuten darauf hin, dass die Neigung des Magnetfeldes der Erde etwas damit zu tun hat – sie dient den Vögeln sozusagen als „Stopp-Schild“ auf ihrem Weg zurück.

Zugvögel orientieren sich unter anderem mit einem lichtempfindlichen Eiweiß in der Netzhaut der Tiere am Magnetfeld der Erde. Nach der Überwinterung in wärmeren Gebieten schaffen sie es außerdem, wieder relativ exakt zu ihren ursprünglichen Brutstätten zurückzufinden. „Damit die Vögel auf ihren Reisen wissen, wo und wann sie ihr Ziel erreicht haben, muss es eine Art Signal für die Tiere geben“, erklärt Joseph Wynn von der Universität von Oxford gegenüber dem ORF. Im Rahmen einer Studie, die aktuell im Fachjournal „Science“ präsentiert wird, untersuchte der Doktoratsstudent die Reiserouten von Zugvögeln daher genauer.

„Wenn man die Mechanismen erforscht, die hinter den Reiserouten von Vögeln stecken, muss man zwischen dem Weg in wärmere Gebiete und dem Weg zurück unterscheiden“, stellt Wynn klar. Er ergänzt: „Es ist bereits relativ gut erforscht, dass beim Aufbruch zu den Überwinterungsplätzen die Genetik der Tiere eine Rolle spielt.“ Junge Vögel bekämen demnach den Weg in den Süden auf eine bis dato unerforschte Weise vererbt. Auch bei der Rückkehr werden laut Wynn wahrscheinlich ein paar Informationen zu der generellen Route vererbt, der Doktorand ergänzt aber: "Wir gehen auch davon aus, dass sich Vögel einige Merkmale ihrer Brutplätze merken können. Darüber hinaus muss es aber weitere Parameter geben, damit sie zu den ihnen bekannten Gebieten zurückfinden.“

Modell aus 18.000 Datensätzen

Zusammen mit einem Forscherteam nutzte Wynn Daten aus knapp 80 Jahren über Sichtungen von Teichrohrsängern. Rund 18.000 Datensätze flossen in die Studie ein. „Diese Art von Singvögeln ist sehr klein, legt auf ihrem Weg in wärmere Gebiete aber große Strecken zurück und überfliegt zum Teil ganze Kontinente und die Sahara-Wüste“, so der Doktorand.

Grafik zu Zugvögel und Magnetfeld
Thomas Miller

Das Forscherteam nahm an, dass das Verhalten der Vögel auf ihrer Rückreise etwas mit dem Magnetfeld der Erde zu tun hat. Wynn: „Wir haben die Brutstätten der Vögel mit unterschiedlichen Faktoren des Magnetfeldes verglichen, wie etwa der generellen Stärke oder der Neigung zur Erdoberfläche.“ All diese Faktoren würden sich von Jahr zu Jahr in geringem Ausmaß ändern, denn das Magnetfeld der Erde sei ständig in Bewegung, so Wynn.

Die Forscher erstellten so aus den gesammelten Daten Modelle, die die Heimreise der Vögel unter Berücksichtigung der sich jährlich verändernden Magnetfeld-Faktoren vorhersagen sollten. Anschließend verglichen sie die tatsächlich zurückgelegten Wege der Teichrohrsänger mit dem errechneten Modell.

Neigung dient als „Stopp-Schild“

Dabei stellte das Team fest, dass die Vögel scheinbar nicht auf die Stärke des Magnetfeldes reagierten. Anders sah es aber bei dessen Neigung aus. Durch den Vergleich mit den Daten aus dem Modell konnten die Forscher aufzeigen, dass der Winkel des Magnetfeldes zur Erdoberfläche wahrscheinlich als eine Art „Stopp-Schild“ für die Vögel dient.

„Wir glauben, dass die Vögel beim Aufbruch von ihren Brutstätten diesen Winkel lernen und auf dem Rückweg anhalten, sobald der gleiche Winkel zur Erdoberfläche wieder erreicht wird“, so der Doktorand. So würden es die Tiere immer wieder schaffen, sehr nahe an die Brutstelle des vergangenen Jahres heranzukommen. Es sei außerdem wahrscheinlich, dass auch weitere Faktoren auf der Heimreise der Zugvögel eine Rolle spielen. Wynn: „Die Tiere brauchen auf jeden Fall eine Art Kompass, mit dem sie generell die richtige Richtung finden. Sobald sie dann auf der passenden Route sind, zeigt ihnen die Neigung des Magnetfeldes wahrscheinlich nur noch an, wo sie stoppen müssen.“

Vor allem in einer sich durch die Klimaerwärmung rasch verändernden Welt sei es wichtig, mehr über die Reiserouten und den dafür verantwortlichen Mechanismen von Vögeln zu erfahren, so Wynn. Nur so könnte man die Tiere künftig vor den steigenden Temperaturen schützen und geeignete Brutstätten für Zugvögel erhalten.