Visualisierung DNA-Methylierung, Krebs
EUTOPS/ Uni Innsbruck
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Früherkennung

Neuer Test zeigt Krebsrisiko für Frauen

Um häufige Krebsarten bei Frauen zu bestimmen, hat ein Innsbrucker Forschungsteam einen neuen Test entwickelt: Anhand von Zellproben von Gebärmutterhalsabstrichen kann nicht nur das Risiko für Eierstockkrebs, sondern auch das für Brustkrebs abgeschätzt werden.

Das Team um den Onkologen Martin Widschwendter stellt seine neue Methode zur Prävention und Früherkennung der Erkrankungen in zwei Arbeiten im Fachblatt „Nature Communications“ vor. Für ihren sogenannten WID-Test nutzen sie den epigenetischen „Fußabdruck“ bestimmter Zellen. „Die große Vision ist, das zu erreichen, was für Herz-Kreislauferkrankungen bereits erreicht worden ist“, so Widschwendter. Der Leiter des vom Land Tirol gegründeten, an der Universität Innsbruck und den Tirol Kliniken angesiedelten Instituts für Prävention und Screening möchte dabei helfen, die bei Frauen am häufigsten auftretenden Krebsarten möglichst frühzeitig zu erkennen.

„Nicht-genetische Parameter spielen wesentliche Rolle“

In Österreich zeichnen Herz-Kreislauferkrankungen für die meisten Todesfälle verantwortlich. In den einkommensstarken Ländern schließt aber in diesen Statistiken Krebs immer weiter auf. Das liegt auch daran, dass das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko anhand weniger diagnostischer Faktoren – dem Blutdruck und Blutfettwerten – mittlerweile relativ gut bestimmt werden kann. Dazu kommt, dass man zum Beispiel mit blutdruck- oder blutfettsenkenden Medikamenten das Risiko gut reduzieren kann, so Widschwendter.

Vergleichbares gebe es in der Onkologie aber noch nicht. Das liege auch daran, dass hier sehr komplexe genetische Faktoren, aber auch ebenso komplexe Umwelteinflüsse und der Lebensstil mitspielen. Eierstock- und Brustkrebs sowie Gebärmutterhals- und Gebärmutterkörperkarzinome machen knapp über 50 Prozent aller Krebserkrankungen bei Frauen unter 60 Jahren aus. „Hier spielen die nicht-genetischen Parameter eine wesentliche Rolle“, so Widschwendter.

Den „Fußabdrücken“ auf der Spur

Die Einflüsse darauf, wie Zellen und Zellgruppen im Körper arbeiten und sich reproduzieren, sind über die gesamte Lebenszeit vielfältig, hinterlassen aber ihre Spuren im Erbgut der Zellen (DNA). Diesen „Fußabdrücken“ – dem Epigenom – sind ist das Innsbrucker Forschungsteam etwa in Zusammenarbeit mit zahlreichen europäischen Kolleginnen und Kollegen auf der Spur. Sie konzentrieren sich auf einen Teil des Epigenoms, die DNA-Methylierung.

Dabei handelt es sich um bestimmte Markierungen am Erbgut, die dazu führen, dass bestimmte Gene in den Zellen gewisse Zellprodukte herstellen. Das beeinflusst auch das Krebsrisiko, weil dieser Vorgang etwa durch Rauchen, die Ernährungsweise oder durch Hormone mitbestimmt wird. Anhand der DNA-Methylierung könne man also genetische und nicht-genetische Einflussfaktoren erfassen. Das tut der neu entwickelte WID(„Women’s cancer risk IDentification“)-Test bzw. -Index. Die Analyse dieser Markierungen des Erbguts biete sich auch als „Risikoparameter“ an.

Gebärmutterhalsabstrich als Ausgangspunkt

Für die Aussagekraft des WID-Tests ist wichtig, dass einzelne Zellgruppen bei einer Person relativ einheitliche Veränderungen durchmachen. An den vier häufigsten Tumoren bei Frauen sind immer die hormonabhängigen Epithelzellen zentral beteiligt. Epithelzell-Proben werden bei Gebärmutterhalsabstrichen routinemäßig von der Gynäkologin entnommen. Sie enthalten auch Informationen, die auf das Risiko für diese Krebsarten schließen lassen.

Das hat Widschwendter mit seinem Forschungsteam nun in mehreren Studien gezeigt. Analysen bei 289 Frauen mit Eierstock- und 727 Frauen mit Brustkrebs wurden durchgeführt. Dazu kamen insgesamt 1.410 Frauen ohne derartige Diagnose.

„Deutlich über Aussagekraft bisheriger Verfahren“

Mit den neuen Tests konnten Frauen mit solchen Erkrankungen mit hoher Wahrscheinlichkeit gefunden werden. Frauen, bei denen das Verfahren die höchste Risikostufe auswies, hatten tatsächlich auch eine 26-fach höhere Wahrscheinlichkeit auf eine Eierstockkrebsdiagnose. Auch die Brustkrebsdiagnose-Wahrscheinlichkeit war in der höchsten Risikostufe fast 16-fach gegenüber Frauen in der niedrigsten Stufe erhöht.

Mit dem neuen Testverfahren können Risikoabschätzungen für alle vier Krebstypen vorgenommen werden. Die neuen Daten würden zeigen, „dass wir wirklich auch Frauen identifizieren können lange bevor sie die Diagnose bekommen“, so Widschwendter. In der Folge können dann Präventionsmaßnahmen eingeleitet werden. Mit dem WID-Test liege man laut den Analysen deutlich über der Aussagekraft bisheriger Verfahren. „Es ist in unserem Verständnis ein Quantensprung“, allerdings müsse man die Ergebnisse in größeren Studien weiter validieren.