Frau trinkt aus Plastikflasche
pix4U/stock.adobe.com
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Exposom

Wie Umweltgifte im Körper zusammenwirken

Im Lauf eines Lebens ist ein Mensch 10.000 bis 100.000 Schad- und Fremdstoffen ausgesetzt. Im Körper können sie einen gefährlichen Giftcocktail bilden. Wie es sich auswirkt, wenn verschiedene Substanzen aufeinandertreffen, erforscht ein neues EU-Projekt.

Chemische Zusatzstoffe können der Gesundheit schaden. Ein bekanntes Beispiel ist Bisphenol A. Der Plastikweichmacher kommt unter anderem in Lebensmittelverpackungen vor. Er kann den Hormonhaushalt stören, so viel ist wissenschaftlich erwiesen. In Österreich ist er daher seit 2011 in Babyspielzeug und Schnullern verboten.

Das Projekt

Exposome Austria ist im Jänner 2022 gestartet. Koordiniert wird es von der Fakultät für Chemie der Uni Wien, Partner sind die MedUni Wien und Innsbruck sowie das Umweltbundesamt.

Doch bei den meisten Umweltgiften weiß man nur, wie sie isoliert wirken, und nicht im Zusammenspiel mit den vielen anderen Giften, die im Laufe eines Lebens auf einen Menschen einwirken, erklärt der bioanalytische Chemiker Benedikt Warth von der Universität Wien, Koordinator der neuen Forschungsinitiative Exposome Austria.

In Zell- und Tierversuchen habe man aber bereits nachweisen können, dass die Wirkung von hormonverändernden Substanzen sich verstärkt, wenn der Körper mehreren dieser Substanzen gemeinsam ausgesetzt ist. „Das müsste man in der Risikobewertung von diesen Chemikalien natürlich besonders berücksichtigen“, so Benedikt Warth.

Forschungsfeld Exposom

Diabetes, Arthrose oder Bluthochduck – ob Mann oder Frau im Laufe des Lebens eine chronische Krankheit entwickelt, hänge zu 70 bis 90 Prozent von Umweltgiften, Ernährung und Lebenswandel ab, so Benedikt Warth. Die Summe all dieser inneren und äußeren Faktoren, denen wir im Leben ausgesetzt sind, nennen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Exposom.

Dazu zählen neben Umweltgiften zum Beispiel auch das Mikrobiom, also die Darmbakterien, oder auch der Wohnort, die Ernährungsweise, der Zigaretten- und Alkoholkonsum und das Ausmaß an körperlicher Bewegung, sowie die Einnahme von Medikamenten, Kosmetika, Feinstaub oder die UV-Strahlung.

Auch natürliche Stoffe können giftig auf den Körper wirken. Zum Beispiel Zearalenon, ein Pilzgift, das im Müsli oder Brot vorkommt. „Wir konnten in einer neuen Studie erstmals zeigen, dass das wirklich sehr breitflächig in unserer Bevölkerung gefunden werden kann, im Blut oder Urin. Man sieht da deutlich eine sehr geringe, aber chronische Belastung“, so Benedikt Warth.

Schwerpunkt Schwangerschaft

Das Zusammenwirken dieser Stoffe möchten die Forscher besser verstehen. Manche können dadurch noch giftiger werden, manche Medikamente schlechter wirken, manchmal heben sich negative Wirkungen sogar auf. Ein Schwerpunkt des Forschungsprojekts liegt auf der frühkindlichen Belastung im Mutterleib, erklärt Benedikt Warth: „Man weiß, dass sehr häufig die Belastung im Mutterleib während der ersten tausend Tage des Lebens und dann noch während der Pubertät sehr relevant sein können für Krankheiten, die dann irgendwann später im Leben entstehen“.

Die Erforschung des Exposoms könnte auch helfen, Medizin in ihrer Wirkung auf den einzelnen Menschen besser abzustimmen und genetische Veranlagungen zu bestimmten Krankheiten durch die gezielte Verminderung anderer Risikofaktoren, etwa durch spezielle Ernährung, wieder auszugleichen.