Kind riecht an Tulpe
Evolution

Menschliche Nasen riechen immer weniger

Wie farblos eine Welt ohne Gerüche wäre, mussten seit Beginn der CoV-Pandemie viele Menschen bei einer Infektion feststellen. Generell dürfte der menschliche Geruchssinn im Lauf der Evolution zunehmend schwächer geworden sein. Für diese These liefert eine Studie nun neue Belege.

Ob etwas angenehm duftet oder abstoßend riecht, empfinden nicht alle Menschen gleich. Nicht nur das Geruchsempfinden, auch der Geruchssinn an sich ist sehr individuell. Was für die einen gar nicht oder kaum wahrnehmbar sein kann, ist für andere schon zu streng oder zu intensiv. Wie die Forscherinnen und Forscher um Sijia Wang von der chinesischen Akademie der Wissenschaften und Joel Mainland vom US-amerikanischen Monell Chemical Senses Center im Fachmagazin „PLOS Genetics“ schreiben, haben Menschen etwa 400 intakte Geruchsrezeptoren, bei fast einem Drittel davon gebe es individuelle Variationen.

Für die soeben erschienene Studie hat das Team nun die Wahrnehmung von insgesamt zehn Gerüchen untersucht, bei denen es bekanntermaßen große Unterschiede gibt. In zwei Kohorten wurde getestet, wie angenehm oder intensiv sie riechen: bei 1.000 Han-Chinesinnen und -Chinesen sowie bei 364 New Yorkerinnen und New Yorkern. Zusätzlich wurden genetische Analysen durchgeführt.

Unbekannte Rezeptoren

Dabei entdeckten die Forscher zwei neue Rezeptoren: Einer ist für die Wahrnehmung einer bestimmten Moschusverbindung verantwortlich. Der typische süße und pudrige Duft besitze ganz unterschiedliche chemische Grundlagen. Die neue Entdeckung bestätige, dass – je nach Zusammensetzung des Duftstoffes – auch verschiedene Rezeptoren darauf ansprechen. Der neue sei der mittlerweile fünfte bekannte Rezeptor für Moschusgerüche.

Der zweite neu entdeckte Rezeptor sei vermutlich wichtig im menschlichen Sozialleben – z. B. bei der Partnerwahl -, denn er erkennt eine von etwa 120 Komponenten im menschlichen Körpergeruch: ein zentrales Aroma im Achselschweiß. Ein Viertel aller Menschen rieche sie gar nicht. Genetische Variationen bei den beiden Rezeptoren waren auch dafür verantwortlich, ob die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer die verschiedenen Gerüche als angenehm empfanden.

Ältere Genvarianten

Zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen entdeckten die Forscher keine grundlegenden und systematischen Unterschiede. Aber bei der Kombination mit Daten aus früheren Studien stellten sie fest, dass Menschen, die im Erbgut ältere Versionen einzelner Rezeptorgene haben, Gerüche viel intensiver wahrnehmen. Bei anderen Säugetieren finde man diese Genvarianten noch heute deutlich häufiger. Das stütze die These, wonach der Geruchssinn von Menschen und anderen Primaten im Lauf der Evolution immer schwächer und weniger differenziert geworden ist.