Obst und Gemüse auf einem Marktstand
APA/HERBERT PFARRHOFER
APA/HERBERT PFARRHOFER
Ernährung

Gesund essen, zehn Jahre länger leben

Junge Erwachsene könnten mehr als zehn Jahre länger leben, wenn sie schon früh auf eine optimale Ernährung achten – das haben norwegische Forscher in einem Modell berechnet. Dabei gilt: Je früher man auf Gesundes umsteigt, desto größer sind auch die positiven Effekte. Auch in höherem Alter lohnt sich aber der Griff zu Vollkornprodukten und Co.

Neben ausreichend Schlaf und Bewegung ist auch der Speiseplan fundamental für unsere Gesundheit. Forscherinnen und Forscher schätzen, dass weltweit jedes Jahr rund elf Millionen Menschen an den unterschiedlichen Folgen einer ungesunden Ernährung sterben – zum Beispiel an Diabetes, Krebs oder Herzerkrankungen. Laut Statistik Austria galten im Jahr 2020 rund 18 Prozent der Männer und 15 Prozent der Frauen in Österreich als fettleibig oder stark übergewichtig. „Wir essen im Durchschnitt zu viel Fleisch und Fleischprodukte, dafür aber zu wenig Obst, Gemüse, Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte“, erklärt der Ernährungswissenschaftler Jürgen König von der Universität Wien gegenüber dem ORF.

Welche positiven Effekte der Umstieg von einem typischen westlichen Ernährungsstil auf gesündere Alternativen haben kann, hat nun ein norwegisches Forscherteam um Lars Fadnes berechnet. Das Team nutzte bereits existierende Daten aus mehreren Studien und Berichten, um in einem Modell aufzuzeigen, wie stark sich eine optimale Ernährung auf die Lebenserwartung auswirken kann. Das Ergebnis präsentieren die Forscher aktuell im Fachjournal „PLOS Medicine“.

Je früher, desto besser

Im Modell, das auch online verfügbar ist, hat das Team verschiedene Lebensmittelgruppen untersucht und mit der Lebenserwartung in Verbindung gebracht. Dabei haben die Forscher festgestellt, dass vor allem viel Gemüse, Vollkornprodukte und Nüsse für eine optimale Diät ausschlaggebend sind. Gleichzeitig sollte der Konsum von rotem Fleisch und Fleischprodukten, aber auch von süßen Getränken reduziert werden.

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 9.2., 13:55 Uhr.

Eine derartiger Ernährungsplan ermögliche es laut den Forschern, dass sich die Lebenserwartung von jungen Erwachsenen im Alter von 20 Jahren um bis zu 13 Jahre erhöhen kann. Je länger mit dem Umstieg auf gesündere Lebensmittel gewartet wird, desto geringer sind auch die positiven Effekte. Laut dem Modell steigert sich die Lebenserwartung bei 60-jährigen Personen noch um knapp neun Jahre, bei 80-Jährigen hingegen nur noch um ungefähr drei Jahre.

“Es ist nie zu spät“

König, der an der Studie nicht beteiligt war, erklärt: „Dass die positiven Effekte mit zunehmendem Alter abnehmen, ist für mich nicht überraschend. Je früher man mit einer optimalen Ernährung beginnt, desto länger kann man auch davon profitieren.“ Der Ernährungswissenschaftler stellt aber klar: „Auch bei jungen Personen ergeben sich die positiven Effekte aus dem norwegischen Modell nur dann, wenn sie sich auch bis zu ihrem Lebensende an die optimale Ernährung halten.“

Personen, die erst in höherem Alter auf eine ausgewogene Ernährung achten, hätten hingegen schon einige Jahre hinter sich, in denen sie ihrer Gesundheit mit der Wahl ihrer Lebensmittel geschadet haben. Trotzdem zeige die Studie des norwegischen Forscherteams auf, dass es sich auch im Alter von 80 Jahren noch lohnt, auf einen ausgewogeneren Speiseplan umzusteigen. König: „Es ist nie zu spät mit gesunder Ernährung zu beginnen – es wird immer einen Effekt auf die Lebenserwartung haben.“

“Eltern gehören mit dazu“

Die norwegische Studie unterstreiche laut König einmal mehr, wie wichtig ein Wissen über ausgewogene Ernährung bereits im Kindesalter ist. Er erklärt: „Man kann nicht früh genug damit beginnen, den Kindern etwas über gesunde Ernährung beizubringen – ich würde damit schon im Kindergartenalter anfangen.“

Die Information zu gesunden Lebensmitteln alleine reiche aber nicht aus, wenn die jeweiligen Familien nicht dementsprechend handeln. König: „Man kann die Kinder nicht ohne ihre Eltern zu einer gesunden Ernährung bewegen – die Eltern gehören hier immer mit dazu. Es muss also auch eine gemeinsame Ernährungserziehung stattfinden.“

Modell für Ärzte, Forscher und die Politik

Die Ergebnisse aus dem Modell hat das Team anhand von Daten über Erwachsene aus den USA berechnet. Die Autoren erklären aber, dass sie sich aufgrund der ähnlichen Ausgangslage auch auf andere westliche Gebiete, wie etwa Europa, übertragen lassen. Die Forscher stellen außerdem klar, dass der von ihnen als optimal berechnete Ernährungsplan im realen Leben oft nur schwer umzusetzen ist. Zu groß sei der Unterschied zu den aktuellen Essgewohnheiten der Bevölkerung in westlichen Ländern.

Daher hat das Team auch einen „machbaren Ernährungsplan“ erstellt, der zwischen den westlichen und optimalen Ernährungsgewohnheiten liegt. Auch dabei seien die positiven Effekte auf die Lebenserwartung deutlich zu erkennen, wenn auch natürlich nicht so stark wie bei der optimalen Variante.

Auf das Modell können auch Privatpersonen zugreifen, laut dem Forscherteam soll es aber eher dazu dienen, Ärzten, Forscherinnen und auch Entscheidungsträgerinnen in der Politik dabei zu helfen, die positiven Effekte einzelner Lebensmittelgruppen auf die Lebenserwartung besser zu verstehen. „Was von den Forschern als optimale Ernährung eingestuft worden ist, deckt sich in den meisten Punkten auch mit der österreichischen Ernährungspyramide. Wenn wir uns stärker daran halten und auch ein bisschen auf unsere Energiezufuhr und Bewegung achten, dann sind das schon sehr gute Voraussetzungen“, so König.