Künstlerische Darstellung von Messier 77
ESO/M. Kornmesser and L. Calçad
ESO/M. Kornmesser and L. Calçad
Astronomie

Staubring verbirgt massereiches Schwarzes Loch

Eine glühende Scheibe aus Staub und Gas verbirgt ein supermassereiches Schwarzes Loch im Zentrum der Galaxie „Messier 77“. Das zeigen Beobachtungen mit dem „Very Large Telescope Interferometer“ (VLTI) der Europäischen Südsternwarte ESO. Die neuen Bilder bestätigen eine Jahrzehnte alte Theorie.

„Aktive Galaxienkerne“ (Active Galactic Nuclei, AGN) zählen zu den leuchtkräftigsten Objekten im Universum. Es handelt sich um extrem starke Energiequellen, angetrieben von einem supermassereichen Schwarzen Loch im Zentrum bestimmter Galaxien. Treibstoff für die alles überstrahlenden AGN sind große Mengen an kosmischem Staub und Gas, die sich spiralförmig auf das Schwarze Loch zubewegen und dabei enorme Energiemengen freisetzen.

Bei den schon seit Jahrzehnten bekannten AGN wurden verschiedene Erscheinungsbilder beobachtet: Manche „Aktive Galaxienkerne“ strahlen hell im sichtbaren Licht, andere – wie jener in der aktuellen Studie beobachtete Kern von „Messier 77“ – leuchten eher gedämpft. Der vor 30 Jahren aufgestellten Standardtheorie für AGN zur Folge haben alle „Aktiven Galaxienkerne“ trotz ihrer Unterschiede dieselbe Grundstruktur: ein supermassereiches Schwarzes Loch, das von einem dicken Ring aus Staub und Gas umgeben ist.

Spezialinstrument für Infrarotbereich

Das unterschiedliche Erscheinungsbild der „Aktiven Galaxienkerne“ ist dem Standardmodell zufolge darauf zurückzuführen, aus welchem Winkel man von der Erde aus das Schwarze Loch und seinen Staubring betrachtet. Es gab bereits einige Beobachtungen, die diese Theorie stützten, aber es blieben Zweifel, ob der Staubring ein Schwarzes Loch völlig verbergen kann und dadurch dieses AGN im sichtbaren Licht weniger hell leuchtet.

Galaxie Messier 77
ESO/Jaffe, Gámez-Rosas et al.
Galaxie Messier 77

Das Forscherteam um Violeta Gamez Rosas von der Universität Leiden hat nun mit dem in Österreich mitentwickelten Instrument MATISSE (Multi AperTure mid-Infrared SpectroScopic Experiment) am VLTI in der chilenischen Atacama-Wüste das Zentrum der 47 Mio. Lichtjahre entfernten Galaxie „Messier 77“, die auch als NGC 1068 bezeichnet wird, im Infrarotbereich beobachtet. Das Instrument kombiniert dabei mittels Interferometrie das Infrarotlicht, das von allen vier Teleskopen des VLT gesammelt wird.

„Das war bis zur Entwicklung von MATISSE technologisch nicht möglich – noch dazu im sehr großen Wellenlängenbereich von drei bis zwölf Mikrometer“, erklärte Josef Hron vom Institut für Astrophysik der Universität Wien zu der nun im Fachjournal „Nature“ erschienenen Studie. Die Möglichkeit, die vier 8,2-Meter-Teleskope zusammenzuschalten, bescherte den Wissenschaftlern die nötige Auflösung, um selbst in einer so weit entfernten Galaxie wie „Messier 77“ zu sehen, was dort im Inneren vor sich geht.

Theorie bestätigt

Kombiniert mit Daten anderer Teleskope konnte das Team damit ein detailliertes Bild des Staubs und seiner verschiedenen Temperaturen – von Raumtemperatur bis zu 1.200 Grad Celsius – erstellen und genau feststellen, wo das Schwarze Loch liegen muss. Die Ergebnisse werten sie als Bestätigung des Standardmodells für „Aktive Galaxienkerne“. Und auch Robert Antonucci von der University of California in Santa Barbara (USA) meint in einem begleitenden Kommentar in „Nature“, dass die Studie „der bisher beste Beweis dafür ist, dass das Standardmodell korrekt ist“.

MATISSE wurde in zwölfjähriger Arbeit von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen aus Frankreich, Deutschland, Niederlande, Österreich und der ESO entwickelt, „first light“ hat das Instrument 2018 gesehen. Die Uni Wien hat Teile der gekühlten Optik finanziert und die Wiener Forscher sind an der Kalibration des Instruments beteiligt.

Für Gamez Rosas ist die Arbeit „ein wichtiger Schritt zum Verständnis der Funktionsweise von AGN". Die Ergebnisse könnten auch helfen, die Geschichte der Milchstraße besser zu verstehen, die in ihrem Zentrum ein supermassereiches Schwarzes Loch beherbergt, das in der Vergangenheit aktiv gewesen sein muss“, so die Forscherin in einer Aussendung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie in Bonn.