Molnupiravir-Pillen des Pharmakonzerns Merck
APA/AFP/Merck & Co,Inc./Handout
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Skepsis gegenüber Covid-19-Therapien

Medikamente gegen Covid-19 muss man kurz nach Symptombeginn nehmen – später helfen sie nicht mehr. Sie sind vor allem für Risikopersonen gedacht. Doch derzeit nehmen nur wenige die Behandlung in Anspruch.

Vor allem Risikopatientinnen und -patienten sowie ältere Menschen werden derzeit mit eigens gegen Covid-19 entwickelten Medikamenten behandelt. Diese müssen rechtzeitig – innerhalb der ersten drei bis fünf Tage nach Symptombeginn genommen werden. Aber nur eine von hundert Personen, denen die Therapie angeboten wird, nimmt sie derzeit tatsächlich in Anspruch.

Viele schätzen das Risiko falsch ein

Zu Beginn der Erkrankung haben die meisten nur leichte Symptome, sagt Internist und Pharmakologe Markus Zeitlinger, Vorstand der Abteilung für Klinische Pharmakologie an der Medizinischen Universität Wien. Die Betroffenen sähen dann oft nicht ein, dass sie von der Rettung geholt werden müssen, um eine Infusion mit monoklonalen Antikörpern zu erhalten, oder weshalb sie Tabletten über mehrere Tage nehmen sollen – und es sei eine ganze Menge an Tabletten, so der Mediziner.

Und das, obwohl es ihnen eigentlich noch gut geht. Wenn es ihnen aber nicht mehr so gut geht und sie schon kurz vor einem Spitalsaufenthalt stehen, dann sei es in der Regel zu spät, dann wirken diese Medikamente nicht mehr. Denn man muss sie drei bis fünf Tage nach Symptombeginn einnehmen.

Medikamente für geschwächte Personen

Es gebe derzeit genügend Medikamente im Land, sagt Zeitlinger. Und zwar monoklonale Antikörper, die als Infusion verabreicht werden, und Molnupiravir in Tablettenform. Ebenso als Pille dürfte Paxlovid schon bald erhältlich sein. Rechtzeitig eingenommen können die Medikamente die Schwere der Erkrankung abmildern: Man sehe einen Trend, dass sich nach der Einnahme die Symptome verkürzen sowie dass weniger Virus ausgeschieden wird – ein Faktor, der in einer Pandemie natürlich auch eine wesentliche Rolle spielt.

Wirklich ausgerichtet waren die Medikamente in den Studien jedoch darauf, bei erkrankten Risikopatientinnen und -patienten einen Krankenhausaufenthalt zu verhindern. Auch deshalb werden die Medikamente derzeit nur Menschen mit erhöhtem Risiko für einen schweren Verlauf angeboten.

Kein Krankenhausaufenthalt durch Medizin

Doch warum kann nicht jeder die Therapien erhalten? Das würde wenig Sinn machen, meint Zeitlinger. Denn die Medikamente seien an Risikopatientinnen und -patienten getestet worden. Man habe gesehen, dass man – je nach Therapie – zwischen fünfzehn und dreißig Menschen behandeln muss, um eine Hospitalisierung zu verhindern. Legt man das auf weniger gefährdete Personen um – und berücksichtigt noch dazu die Omikron-Variante -, dann müsste man möglicherweise Hunderte behandeln, um eine Hospitalisierung zu verhindern.

Deshalb versuche man nun, jene Personen herauszufiltern, die besonders von den Medikamenten profitieren – aus medizinischen Gründen und auch aus Kostengründen, so der Pharmakologe, denn die Medikamente sind teuer.

Tests für Symptomatische müssen bleiben

Doch wie wird sich die Lage entwickeln, wenn es nicht mehr ein so breitflächiges Testangebot gibt wie jetzt? Werden die Medikamente dann noch rechtzeitig verabreicht werden können? Ja, sagt Pharmakologievorstand Zeitlinger – vorausgesetzt, dass man sich weiter sofort testen kann, wenn man Symptome hat. Denn dann geht sich die Behandlung innerhalb der ersten drei bis fünf Tage noch aus.

Doch rechtfertigen diese Überlegungen die geplanten Lockerungen? Betrachtet man die derzeitige Spitalsbelegung, dann beantwortet Zeitlinger diese Frage in gewissen Bereichen mit Ja. Aber was man nicht sagen könne, ist, dass es jetzt Medikamente gibt, die Corona beendet hätten oder die ganz sicherstellen können, dass eine Covid-19-Erkrankung jetzt nicht mehr lebensgefährlich sein kann – so gut seien die derzeitigen Medikamente leider nicht.