Behandlungsraum einer Intensivstation mit Monitoren und ärztlichem Personal
Vadim – stock.adobe.com
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Angehörige von Intensivpatienten stark belastet

Dass auch Angehörige von schwerstkranken Covid-19-Patienten unter psychischen Langzeitbelastungen leiden können, zeigt eine französische Studie: 35 Prozent entwickeln eine Posttraumatische Belastungsstörung – rund zweimal häufiger als Familienangehörige anderer Intensivpatienten.

Einer von fünf hospitalisierten Covid-19-Patienten benötige Intensivpflege und das führe bei Überlebenden oft zu physischen, kognitiven und psychiatrischen Symptomen, heißt es in der Studie, die im Fachmagazin „JAMA“ veröffentlicht wurde.

„Familienangehörige von Patienten mit akutem Atemversagen (ARDS) stehen aber genauso unter verstärkter psychischer Belastung inklusive Posttraumatischer Belastungsstörung, Angstzuständen und Depressionen. Trotzdem ist über die spezifischen Auswirkungen von Covid-19 auf deren psychische Gesundheit wenig bekannt“, schreiben Élie Azoulay vom Hopital Saint-Louis der Pariser Universität und seine Koautorinnen und -autoren.

Angstzustände und depressive Symptome

Das Forschungsteam nahm 602 Familienangehörige von 307 Patientinnen und Patienten mit Behandlung auf einer Intensivstation in ihre Studie auf. Die Angehörigen waren im Mittel 51 Jahre alt, 72 Prozent waren Frauen, 48 Prozent Ehepartner, 26 Prozent trauerten nach dem Tod des Verstorbenen. 273 der Patientinnen und Patienten kamen auf die Intensivstation wegen eines schweren Verlaufs von Covid-19, 303 Familienangehörige bangten um sie. Die psychische Situation von 517 Familienangehörigen (von Patientinnen und Patienten mit und ohne Covid-19) konnte 90 Tage nach dem Ende der Betreuung der Kranken auf einer Intensivstation untersucht werden.

Die Ergebnisse sprechen für eine extreme psychische Belastung der Angehörigen von Covid-19-Patienten, bei denen die Aufnahme in eine Intensivstation notwendig wird: 35 Prozent berichteten von Symptomen einer Posttraumatischen Belastungsstörung. Unter den Angehörigen von Patienten auf Intensivstationen aus anderer Ursache war das bei 19 Prozent der Fall.

Grad an sozialer Unterstützung entscheidend

41 Prozent der untersuchten Angehörigen von schwerstkranken Covid-19-Patienten litten an Angstzuständen (34 Prozent der Angehörigen von Schwerkranken ohne Covid-19). 31 Prozent der Angehörigen von Covid-19-Patienten nach Intensivpflege wiesen depressive Symptome auf (Nicht-Covid: 18 Prozent). Die Unterschiede waren jeweils statistisch signifikant.

Ganz besonders schwer trifft es Personen, deren Covid-19-kranke Angehörige trotz Intensivpflege gestorben sind: 62 Prozent zeigten eine Posttraumatische Belastungsstörung, hingegen 35 Prozent der Angehörigen von Überlebenden. Entscheidend für die psychische Konsequenzen ist offenbar der Grad an sozialer Unterstützung während des Aufenthalts des Betroffenen auf der Intensivstation. Als extrem belastend wirkt sich der Umstand aus, wenn sich Angehörige von Sterbenden nicht von ihren Lieben verabschieden können, so die Forscherinnen und Forscher.