Eruption des Hunga Tonga-Hunga Ha’apai
Reuters/Planet Labs PBC
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Tonga

Vulkanausbruch kühlt Klima kaum

Der gewaltige Ausbruch des Untersee-Vulkans Hunga Tonga-Hunga Ha’apai vor etwa sechs Wochen wird die Temperatur im kommenden Jahr kaum beeinflussen. Das zeigt die Analyse chinesischer Fachleute. Ihnen zufolge werde das globale Mittel nur um etwa 0,004 Grad Celsius fallen – viel weniger als ursprünglich angenommen.

Am 15. Jänner 2022 brach der Hunga Tonga-Hunga Ha’apai in der Nähe des Inselreichs Tonga aus. Die Unterwasser-Eruption gilt als einer der stärksten Vulkanausbrüche der letzten Jahrzehnte, und laut der US-Raumfahrtbehörde NASA wurde dabei viel mehr Energie freigesetzt als bei der Atombombe über Hiroshima.

Gase blockieren Sonnenstrahlen

„Man hat hier natürlich aufgrund der Größe der Eruption befürchtet, dass sich die dabei freigesetzten Gase auch auf das Klima auswirken werden“, erklärt Wolfgang Lenhardt, Abteilungsleiter der Geophysik an der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) gegenüber science.ORF.at. Bei großen Vulkanausbrüchen werden meist zahlreiche Gase, etwa Kohlenstoff- und Schwefeldioxid, in die Atmosphäre geschleudert. Abhängig von der Art des Gases kann es dort mehrere Jahre bestehen bleiben und etwa die einfallende Sonneneinstrahlung auf die Erdoberfläche reduzieren. Das kann wiederum zu einer kurzen, weltweiten Abkühlung führen.

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Ein Beispiel dafür liefert der größte Vulkanausbruch der vergangenen 500 Jahre. Die Gase des im Jahr 1815 in Indonesien ausgebrochenen Vulkans Tambora führten dazu, dass die durchschnittliche globale Oberflächentemperatur kurzzeitig um etwa 0,4 bis 0,8 Grad Celsius sank. Ein Phänomen, das bis heute als „Jahr ohne Sommer“ bezeichnet wird.

Wasser stoppte Gase

Die Tonga-Eruption im Jänner war bis nach Österreich messbar, der Ausbruch im Pazifik sorgte außerdem für eine gigantische Wolke aus Asche und Gas, die wie ein Atompilz kilometerweit zu sehen war. Anders als bei Vulkanen auf dem Festland konnten aber nur wenige Gase in die Atmosphäre geschleudert werden. Der Grund: „Der Vulkan liegt unter Wasser, sehr viel von dem Gas – vor allem Schwefeldioxid, aber auch viele andere Gase -, werden daher bereits direkt im Wasser gebunden und gelangen gar nicht erst in die Atmosphäre“, so Lenhardt.

Komplett abschirmen konnte das rund 150 Meter tiefe Wasser über dem Vulkan die Gase aber nicht. In einer aktuellen Analyse zeigt ein chinesisches Forscherteam auf, dass trotzdem etwa 0,4 Teragramm an Schwefeldioxid in die Stratosphäre geschleudert wurden. Zum Vergleich: Beim Tambora-Vulkan waren es 53 bis 58 Teragramm. Das Ergebnis ihrer Untersuchung präsentieren die chinesischen Forscherinnen und Forscher aktuell im Fachjournal „Advances in Atmospheric Sciences".

Klima kaum betroffen

Sie nutzten eine Modellrechnung, um die potenziellen Auswirkungen des Tonga-Vulkanausbruchs zu berechnen. Frühere Schätzungen gingen davon aus, dass der Ausbruch in den nächsten zwei Jahren die Erde um 0,03 bis 0,1 Grad kühlen könnte. Anhand von Daten über frühere Ausbrüche und den daraus entstandenen Folgen für das Klima konnte das Team aber aufzeigen, dass sich die Eruption des Hunga Tonga-Hunga Ha’apai weniger stark auf die Oberflächentemperatur auswirken wird, als vermutet. Die Forscher gehen davon aus, dass die globale Temperatur im ersten Jahr nach dem Ausbruch nur um etwa 0,004 Grad sinkt.

Ort des Ausbruchs ausschlaggebend

Grund für die recht große Abweichung zu früheren Schätzungen sei vor allem die geografische Lage der Eruption, heißt es in der chinesischen Analyse. Die Fachleuten zeigen darin auf, dass ein Vulkanausbruch auf der Südhalbkugel die globalen Temperaturen weniger stark verringert, als wenn ein Vulkan in den Tropen oder der Nordhemisphäre ausbrechen würde.

Generell werde sich die jüngste Eruption nicht merklich auf das Weltklima auswirken, sofern der Vulkan weiter im Schlummermodus bleibt. Theoretisch seien weitere vulkanische Aktivitäten in der Region im Pazifik aber jederzeit möglich, laut Lenhardt würden sich diese aber vorab ankündigen: „Es gibt in der Region auf fast jeder Insel Messgeräte, die genau für die Messung solcher Aktivitäten da sind. Sollte es in naher Zukunft zu weiteren Ausbrüchen kommen, würde sich das früh genug abzeichnen.“