Pfahlbauten unter Wasser
APA/TRITON/CYRIL DWORSKY
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Urgeschichte

Pfahlbau breitete sich aus Italien über Alpen aus

Rund 7.000 Jahre alt ist die Kultur der Pfahlbauten, in Österreich zählen etwa Fundstellen im Attersee und im Mondsee zum UNESCO-Welterbe. Schweizer Fachleute haben nun womöglich den Ort gefunden, von dem aus sich die Pfahlbaukultur im Alpenraum ausgebreitet hat – auf einer kleinen Insel in der Lombardei.

Auf Isolino Virginia im Lago di Varese befindet sich die früheste gut erhaltene Pfahlbausiedlung der Alpenregion, wie ein internationales Forschungsteam um den Archäobotaniker Ferran Antolín von der Universität Basel im Fachmagazin „Journal of Archaeological Science: Reports“ berichtet.

Deren früheste Besiedlungsgeschichte reiche zurück in die Zeit zwischen 4950 und 4700 vor Christus. Zum Vergleich: In Österreich gilt die Pfahlbausiedlung im Keutschacher See mit einem Alter von rund 6.000 Jahren als die älteste – sie ist also rund 1.000 Jahre jünger als die in der Lombardei. Fünf Fundstätten in Österreich zählen zum UNESCO-Welterbe.

Ähnliche Pflanzenreste wie in jüngeren Siedlungen

Die Forscherinnen und Forscher fanden nun Hinweise, dass auf der Insel im Varese-See die Initialzündung für die Verbreitung der Pfahlbaukultur in den Alpen stattgefunden haben könnte. So bringen archäobotanische Daten das Inseldorf mit den ersten Schweizer Pfahlbausiedlungen in Zürich und in Egolzwil in Verbindung.

Denn die aus Sedimentkernen geborgenen, mehr als 7.000 Jahre alten Pflanzenreste der prähistorischen Siedlung weisen die gleiche Zusammensetzung von Nutzpflanzen auf, die in den Pfahlbausiedlungen der Schweiz angebaut wurden: Hartweizen, Nacktgerste, Schlafmohn und Flachs.

Überreste von Nutzpflanzen aus der Jungsteinzeit – hier Nacktgerste und Nacktweizen – deuten auf Verbindungen zwischen geografisch weit entfernten Siedlungen hin.
Raül Soteras
Untersuchte Nacktgerste und Nacktweizen

Die Fachleute vermuten, dass einige Isoliner mitsamt ihren Nutzpflanzen nach der vorübergehenden Aufgabe ihrer Siedlung nach Norden ausgewandert sind – möglicherweise über das Wallis und Tessin in Richtung Schweizer Mittelland, wie die Universität Basel am Mittwoch mitteilte.

Um die prähistorischen Wanderrouten allerdings eindeutig nachzuzeichnen, seien weitere Untersuchungen notwendig, so die Forscherinnen und Forscher. Denn bisher unentdeckte Pfahlbaufundstellen könnten dem Bild der geheimnisumwobenen Kultur weitere Mosaiksteine hinzufügen.