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Robert Kneschke – stock.adobe.co
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Transplantationen

Blutgruppe 0 für alle Spenderorgane?

Aus A oder B soll 0 werden: Mit Hilfe von Enzymen wollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Blutgruppen von Spenderorganen ändern und damit Abstoßungsreaktionen bei Transplantationen reduzieren. Die Auswirkungen auf die Transplantationsmedizin könnten groß sein.

Ein Durchspülen von Spenderorganen mit zwei Enzymen soll deren Blutgruppe als immunologisches Charakteristikum ändern und in Zukunft Transplantationen über bisherige Verträglichkeitsgrenzen hinweg erleichtern. Kanadische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben im Fachmagazin „Science Translational Medicine“ entsprechende Studienergebnisse publiziert. Schwere Abstoßungsreaktionen sind die Folge von Organtransplantationen über Blutgruppen hinweg.

Mit der Blutgruppe 0 ist man potenzieller Spender für die anderen Blutgruppen. Umgekehrt entwickeln Menschen mit der Blutgruppe 0 Antikörper gegen die Blutgruppen A und B. Marcelo Cypel vom University Health Network in Toronto will die Blutgruppen A und B auf 0 umwandeln. "Für die Blutgruppe A haben die Forscher ein Mittel gefunden. Es besteht aus einer Vorbehandlung der Organe mit zwei Enzymen, die Teammitglied Stephen Withers von der Universität in Vancouver vor einigen Jahren im Darm von Menschen entdeckt hat.

99 Prozent der A-Antigene entfernt

Die Forscher haben rote Blutkörperchen und Gewebeproben von Körperhauptschlagadern im Labor mit den Enzymen behandelt. Bei den roten Blutzellen wurden mehr als 99 Prozent der A-Antigene entfernt, bei den Blutgefäßen kam es zu einem Rückgang um mehr als 90 Prozent, so die Studie. Erprobt wurde das Prinzip auch mit möglichen Spenderlungen. Dazu wurde ein Gerät zum Durchspülen des Organs mit den Enzymen unter Sauerstoffzufuhr entwickelt. Dadurch konnte man fast alle A-Antigene binnen einiger Stunden aus der Gefäßinnenschicht der Blutgefäßproben entfernen. Ein ähnliches Prinzip könnte auch für die Zellmarker der Blutgruppe B möglich sein. Das Enzym Alpha-Galactosidase könnte verwendet werden, um sie von Zellen zu entfernen.

Forschung erst am Anfang

Die neuen Erkenntnisse sind nur ein erster Schritt. Mit Enzymen behandelte Lungen von Tieren – auch innerhalb von Säugetierarten gibt es unterschiedliche Blutgruppen – sollen transplantiert werden. Die gleichen Blutgruppen wie der Mensch haben jedenfalls Menschenaffen, verschiedene Blutgruppen gibt es auch zum Beispiel bei Hunden und Katzen.

Eine Frage ist aber, ob der Effekt einer „Behandlung“ von Spenderorganen mit den Enzymen langfristig für Verträglichkeit über Blutgruppengrenzen hinweg sorgt. Das „Konditionieren“ von Spenderorganen durch bestimmte Spüllösungen hat in der Transplantationsmedizin jedenfalls bereits Tradition. Dabei geht es bisher aber vor allem um eine längere Konservierungszeit für Organe, um Schäden bis zur Transplantation zu verhindern.